zum Hauptinhalt

Berlin: Wie durch ein Wunder überlebt

Nach Eis-Unfall als tot gemeldetes Mädchen wird im Herzzentrum behandelt Die Ärzte haben die Hoffnung noch nicht aufgegeben

Eines der beiden am Donnerstagabend in einem See bei Schönefeld im Eis eingebrochenen Mädchen schwebt weiter in Lebensgefahr. Die fünfjährige Joyce liegt im Deutschen Herzzentrum in Wedding an eine Herz-Lungen-Maschine angeschlossen in einem künstlichen Koma. Der Ärztliche Direktor der Klinik, Professor Roland Hetzer, wollte keine Prognose wagen: „Wir müssen sehen, wie weit sich das Hirn erholen kann.“ Doch es gebe Hoffnung, weil die Pupillenreaktion normal sei. In zwei bis drei Tagen werde man eventuell eine Prognose wagen können, sagte Hetzer gestern auf einer Pressekonferenz im Herzzentrum.

Das Mädchen war gegen 16.40 Uhr im dünnen Eis des Schönefelder Sees, dicht hinter der Stadtgrenze, eingebrochen. Um 16.47 Uhr hatte ein Spaziergänger die Polizei alarmiert. Die neun Jahre alte Freundin des Mädchens, Melissa, war noch am Abend im Krankenhaus an Unterkühlung und Sauerstoffmangel gestorben. Zunächst hatte es am Abend bei Feuerwehr und Polizei geheißen, dass auch das jüngere Kind gestorben sei. Diesen Stand bei Redaktionsschluss hatten der Tagesspiegel und andere Medien veröffentlicht. Erst in der Nacht war die Information, dass das Mädchen erfolgreich reanimiert werden konnte, bekannt geworden.

Herzspezialist Hetzer sagte, dass das Mädchen wegen der Unterkühlung mindestens 30 Minuten ohne Herzfunktion gewesen sei. Als die Rettungskräfte am Ufer des Sees mit der Reanimation begannen, hatte es eine Körpertemperatur von nur noch 20 Grad. Die langsame Erwärmung des Körpers an der Herz-Lungen-Maschine habe 90 Minuten gedauert, das Herz schlägt seitdem wieder regelmäßig. Da auch die Lungen des Mädchens durch den Herzstillstand und eingedrungenes Wasser ausgefallen waren, wird sie noch künstlich beatmet. Insgesamt sei es ein „Glücksfall“, dass das Kind überlebt habe und so große Fortschritte gemacht habe, sagte der weltweit bekannte Herzchirurg.

Dem Polizisten, der beim Versuch, die Mädchen zu retten, ebenfalls im Eis eingebrochen war, geht es gut. Er konnte sich schnell auf eine Eisscholle retten, hieß es bei der Polizei im Landkreis Dahme-Spreewald. Nach einer kurzen ärztlichen Untersuchung habe der 46-jährige Polizeihauptmeister Detlef B. in trockener Kleidung seinen Dienst fortgesetzt.

Die Kinder waren, wie berichtet, in etwa 25 Meter Entfernung vom Ufer eingebrochen, dies erschwerte die Rettung. Schließlich wurden Feuerwehrleute mit Schlauchbooten über das brüchige Eis geschoben. Bei der Bergung hatten sich die Kinder schon längere Zeit unter Wasser befunden.

Gestern kam die Klasse 4c der „Schule am Altglienicker Wasserturm“ aus Treptow an den See, um ihrer toten Klassenkameradin zu gedenken. Die Schüler legten am Ufer des unter Ortsansässigen „Bauernsee“ genannten Sees Blumen, Teddybären und Fotos nieder.

Die Brandenburger und die Berliner Polizei kündigten gestern an, sich in Zukunft noch stärker in Kindergärten und Grundschulen über die Gefahren des Eises aufzuklären. Die Berliner Wasserschutzpolizei warnte gestern eindringlich vor dem Betreten von Eisflächen.

Durch die Temperaturen der letzten Tage hat sich auf einigen Seen zwar bereits eine dünne Eisschicht gebildet, die aber in keinem Fall auch nur annähernd tragfähig ist. Streifen der Wasserschutzpolizei sind derzeit verstärkt zur Erkundung der Eislage an Seen unterwegs. „Ein gefahrloses Eislaufen ist ausschließlich in Eisstadien möglich“, hieß es gestern.

Die Polizei betonte, dass in Berlin Seen und Flüsse von den Behörden nie offiziell zum Betreten frei gegeben werden. Wer Eisflächen betrete, mache das immer auf eigene Gefahr, warnte ein Beamter. Unter www.polizei.berlin.de bietet die Polizei auch eine Bildergeschichte für kleine Kinder zum Herunterladen an.

Tödliche Eisunfälle sind selten, in Berlin konnte sich die Polizei nicht an den bis Donnerstag letzten Fall erinnern, bei dem ein Kind betroffen war. Im Winter 2001 waren mehrfach Kinder und Jugendliche eingebrochen, konnten aber alle glücklich gerettet werden. 2003 war auf dem Müggelsee ein 59 Jahre alter Eisangler ins Wasser gestürzt, er konnte damals nur tot geborgen werden.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false