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Berlin: Wie ein zweites Zuhause: Schule und Hort im Paket Es geht auch ohne Hausaufgaben – und mit Ganztagsbetreuung

Schulen machen sich fit für die Zukunft – und der Tagesspiegel ist dabei. Nach dem schlechten Abschneiden Berlins bei der Pisa-Studie stellen wir Schulen vor, die Eigeninitiative und Kreativität groß schreiben.

Schulen machen sich fit für die Zukunft – und der Tagesspiegel ist dabei. Nach dem schlechten Abschneiden Berlins bei der Pisa-Studie stellen wir Schulen vor, die Eigeninitiative und Kreativität groß schreiben.

Die Schule. Kein auffälliges Schultor, kein Bohnerwachs-Geruch im Gebäude. Die Schüler der Neuköllner Johann-Georg-Elser-Grundschule – benannt nach dem Hitler-Attentäter – klingeln am Eingang des Altbaus in der Selchower Straße 28 und laufen ein Stück durch den Hausflur, um in ihre Klassenräume zu kommen. Im Erdgeschoss links lernt die erste Gruppe, die Schüler der Jahrgangsstufen 1-3. Die Älteren (4.-6. Klasse) der zweiten Gruppe haben ihre Räume im Hinterhaus. Frontalunterricht? Fehlanzeige. In der im August gegründeten Privatschule sieht der Klassenraum aus wie eine Mischung aus Wohn- und Kinderzimmer: flauschige Auslegware, Holzregale und Gruppentische, die im Zimmer verteilt stehen. 16 Schüler sind seit dem neuen Schuljahr angemeldet, zwölf davon nicht deutscher Herkunft. Insgesamt bietet die Neuköllner Schule Platz für 36 Kinder. Der Schillerpromenaden-Kiez, wie diese Ecke Nord-Neuköllns genannt wird, ist als „sozialer Brennpunkt“ der Stadt bekannt. Zwei Lehrer und zwei Erzieher kümmern sich um die Schüler und die Kinder der dazugehörigen Kita. „Der Ausländeranteil an den umliegenden Schulen ist hier sehr groß“, sagt Schulleiterin Gisela Klatt. Oftmals ziehen deutsche Familien aus dieser Ecke weg, sobald ihre Kinder in das schulpflichtige Alter kommen.

Das Besondere: Die „individuelle Förderung“ der Schüler an der Elser-Grundschule steht für Schulleiterin Gisela Klatt und ihrem Mann Ingo, „unterstützender Erzieher“, ganz vorne an. Zwar bildet der Berliner Rahmenplan die Grundlage, doch das Angebot an der Privatschule geht darüber hinaus. So hat beispielsweise jeder Schüler einen eigenen Hefter, in dem die Aufgaben für alle Schulfächer für eine Woche stecken. Daneben sind weitere Aufgaben enthalten, die der Schüler machen kann, der den Anforderungen voraus ist. Umgekehrt üben und vertiefen die Lehrer Aufgaben, „die noch nicht richtig sitzen“. Da, wo ein Schüler bereits über die Anforderungen seiner Klassenstufe hinausgewachsen ist, befasst er sich mit Lernstoff aus der höheren Klasse: Niemand muss sich langweilen, keiner wird unter-, aber auch nicht überfordert.

Englischunterricht mit Liedern und Spielen wird schon in der ersten Gruppe für die Klassenstufen 1 und 2 angeboten; die Dritt- und Viertklässler werden von den Lehrern auch schon an die Schriftsprache herangeführt. Hausaufgaben gibt es an der Schule nicht, denn „bei uns bleibt während des Unterrichts genug Zeit zum individuellen Üben und Vertiefen“, sagt die Leiterin.

Zum Ansatz der Schule gehört auch die „familienergänzende Ganztagsbetreuung“. Das bedeutet: Die Halbtagsgrundschule ist eingebunden in den Ganztagsbetrieb des Horts. Die Kinder sollen ein „zweites Zuhause finden, das ihnen „Betreuung und Schutz“ bietet. Sie sind nicht – wie sonst häufig bei Kindern aus diesem Kiez zu beobachten – allein zu Hause oder dem Fernseher überlassen. Die Schüler, Lehrer und Erzieher frühstücken gemeinsam vor dem Unterricht. Mittags dann isst die Gruppe zusammen, eine Köchin bereitet frische Mahlzeiten zu, nachmittags gibt’s nochmal einen kleinen Snack. Zum Freizeitprogramm für die Schüler gehören Basteln, Malen, Ausflüge, Fahrradtouren, Schwimmen…

Sogar in den Ferien ist der Hort geöffnet – mit Ausnahme von vier Wochen in den großen Ferien und ein paar Tagen zwischen Weihnachten und Neujahr.

Die Finanzierung: Das Schulgeld beträgt 100 Euro pro Monat, der zusätzliche Hortbetrag richtet sich nach dem Einkommen der Eltern und liegt meist bei 50 Euro im Monat. Weitere Kosten zum Beispiel für Ausflüge oder Bücher fallen dadurch nicht mehr an. „Zwar haben die meisten Eltern nicht viel Geld, doch eine gute Ausbildung ihrer Kinder ist ihnen wichtig“, sagt Gisela Klatt. „Viele verwenden das Kindergeld, um die Schulkosten zu zahlen.“ Vor allem die ausländischen Eltern legten großen Wert darauf, dass ihre Kinder gutes Deutsch lernen und einen Schulabschluss machen.

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