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Berlin: Wie einst Bündnis 90

Die zwei PDS-Frauen im Bundestag müssen neue Regeln lernen

Als Bündnis 90 nach der Bundestagswahl 1990 durch eine Sonderregelung für Ostdeutschland in den Bundestag zog – die westdeutschen Grünen scheiterten an der Fünf-Prozent-Hürde – musste vor Arbeitsantritt ein wichtiger Punkt geklärt werden: die Sitzordnung. Vehement weigerten sich nämlich die Aktivisten der Bürgerbewegung, im Plenarsaal neben der PDS Platz zu nehmen. „Unser Platz war zwischen der SPD und der CDU“, erzählt Grünen-Politiker Werner Schulz, der die Bündnis-90-Gruppe vier Jahre lang im Bundestag führte. Ein Problem mit der Sitzordnung werden die beiden PDS-Einzelkandidatinnen Petra Pau und Gesine Lötzsch vermutlich nicht haben. Das werde man noch klären, heißt es aus der Bundestagsverwaltung. Eines sei aber sicher: Einen Anspruch auf die „vorderen Plätze“ werde man den beiden Abgeordneten nicht zugestehen.

Bündnis 90 zog vor zwölf Jahren durch eine getrennte Anwendung der Fünfprozentklausel in West- und Ostdeutschland in den Bundestag mit acht Abgeordneten ein. Die Parlamentarier bildeten damals eine Gruppe, keine Fraktion. Werner Schulz erinnert sich, dass sie annähernd ähnliche Arbeitsbedingungen wie eine Fraktion hatten. Bündnis 90 bekam monatlich ein so genanntes Gruppengeld zugewiesen, um Mitarbeiter, Angestellte und die technische Ausrüstung zu bezahlen. Das waren damals laut eines entsprechenden Bundestagsbeschlusses rund 213 000 Mark Mark pro Monat. Durch den Gruppenstatus konnte Bündnis 90 Fachausschüsse besetzen, auch an Untersuchungsausschüssen teilnehmen und ein Mitglied in den Ältestenrat entsenden. „Wir hatten natürlich auch unsere Redezeiten bei den Parlamentsdebatten“, sagt Schulz, der damals als Gruppen-Vorsitzender die gleichen Rechte wie ein Fraktionschef hatte.

In den Genuss von ausreichender Redezeit werden Gesine Lötzsch und Petra Pau nicht kommen. Fraktionslose Abgeordnete haben bei einer Aktuellen Stunde im Bundestag nur das Recht, am Ende der Debatte maximal fünf Minuten zu sprechen. Sind Debatten länger als fünf Stunden, bekommt ein fraktionsloser Parlamentarier zehn Minuten Redezeit zugebilligt. Pau und Lötzsch können an Ausschüssen teilnehmen, haben aber kein Stimmrecht. Einschränken werden sich die Einzelkandidatinnen bei ihrem Mitarbeiterstamm: Den müssen sie von der Pauschale pro Abgeordnetem in Höhe von knapp 8000 Euro bezahlen. Jeder Abgeordneten steht außerdem eine monatliche Kostenpauschale von rund 3400 Euro zur Verfügung.

Trotz des Wahldesasters hat Gesine Lötzsch ihren Humor nicht verloren: Das Gute an diesem Ergebnis ist immerhin, dass man stolz auf eine 100-prozentige Frauenquote im Bundestag verweisen kann. Sabine Beikler

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