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Berlin: Wie füreinander geschaffen

Die einen wollen das Schloss, die anderen den Palast der Republik. Nun zeigen Pläne, wie beides zusammen passen kann

Die Diskussion um den Palast der Republik flammt plötzlich wieder auf, als hätte einer in die Asche geblasen und unverhofft ein frisches Feuer entfacht. Die einen entdecken den Rohbau als „angesagte Location“ für ihr kulturelles Allerlei, und das neugierige Publikum strömt herbei, weil alles so schön morbide ist und dem Tode geweiht. Andere fürchten sich davor, dass der abgewrackte Vergnügungsdampfer als Symbol für die DDR plötzlich neu benutzbar wird und, statt endlich zu verschwinden, eine Art Wiederauferstehung feiert. Die Besucher strömen in einen unverputzten, rohen Bau, dessen Türen sich längst geschlossen hatten.

Über all dem schwebt geradezu geierhaft der Beschluss, das Volkshaus abzureißen. 2005? 2006? Und was kommt danach? Eine grüne Wiese als die einfallsloseste „Nutzung“ zwischen Palast und Schloss? Für wie lange? Nichts ist klar, und viele fragen sich: Warum eigentlich können nicht Teile des asbestbereinigten Palast-Rohbaus in das künftige Gebäude mit einbezogen werden?

Einer hat sich hingesetzt und aufgezeichnet, wie so eine Integration aussehen könnte. Eine Planungsskizze, ein Diskussionsbeitrag. Ein wütender Zwischenruf von Manfred Prasser, dem Architekten von Schauspielhaus, Gendarmenmarkt, Friedrichstadtpalast und vom Großen Saal, dem Herzstück des Palasts der Republik. Jenem wandelbaren Sechseck, in dem jüngst der BDI tagte und in dem Udo Lindenberg gern wieder singen würde – wie einst in diesem Haus.

Der Architekt begrüßt ausdrücklich die Pro-Schloss-Entscheidung des Bundestages, „weil sie die Chance gibt, dass die Deutschen an dieser Stelle der Geschichte Rechnung tragen“: Prasser meint, es wäre eine geschichtliche Meisterleistung, sich hier zur Historie zu bekennen, also zum Kurfürsten und zum Großen Friedrich, zu Kaiser Wilhelm und dann auch zur „Zwischenmahlzeit“ DDR mit Teilen des Palastes. Es wäre ein politischer Fauxpas, das Schloss nur als Potemkinsche Fassade zu bauen, hinter der sich, nun ja, ein Schmetterlingsmuseum verbirgt – nun müsse endlich auch einmal über den Inhalt gesprochen werden.

Diesen besonderen Ort der deutschen Geschichte als Schloss-Palast- Komplex stellt sich der Architekt wie eine „geistige Burg“ vor: Zunächst gehört der Präsident in dieses Zentrum der Republik, hier sollte er residieren und wohnen. Dann müsse sich das Schloss der geistigen Elite öffnen, die hier die Zukunft diskutiert. Es sollte eine Stätte für Wissenschaft, Kultur und Philosophie sein, aber auch Ausstellungs- und Produktionsort für Künstler sowie Heimstatt für Kongresse und Veranstaltungen. Der östliche Teil neben dem Spreeufer könnte schon morgen für Diskotheken, Restaurants und Cafés an einer Dampferanlegestelle geöffnet werden. Überhaupt sollte das komplette Untergeschoss und damit eine riesige Bausubstanz erhalten bleiben – das Haus steht in einer Art Wanne mit einer zweieinhalb Meter dicken Bodenplatte, die beiden Untergeschosse sind zwei mal fünf Meter tief.

Zum Prasser-Plan gehört die Integration des Großen Saales in das Schloss, „das ist ein total sanierter, leistungsfähiger intakter Rohbau, und es ist technisch überhaupt kein Problem, das Schloss gewissermaßen drum herum zu bauen.“ Der Saal könnte dort bleiben, wo er jetzt ist – an der südöstlichen Ecke. Er nähme etwa ein Viertel des Schloss-Komplexes ein. Davor, zur Spree hin, plant Prasser als Hommage an die Anfänge Teile des ersten Schlossbaues aus dem 16. Jahrhundert; rechts daneben, gegenüber dem Dom, sollte auch die historische Schlossapotheke wiederauferstehen.

Vor den Präsidenten-Teil hat Prasser zwei gläserne Pyramiden gestellt, Kollege Pei und der Louvre lassen grüßen. Im vorderen Eingangs-Bereich verbirgt sich hinter dem Eosander-Portal der Schlosshof, begrenzt vom Schlüter-Portal als Eingang zum Kongresszentrum, dem allerdings der einstige Schlüterhof zum Opfer fiele.

Dieses „Integrationsmodell“ mit historischer und moderner Gestaltung spart nach einer ersten Berechnung des Architekten etwa 200 Millionen Euro von einer noch nicht exakt bezifferten Gesamtsumme. Und es verkürzt die Bauzeit um zwei Jahre. Was schon da steht, muss nicht neu gebaut werden. In Zeiten knapper Kassen kann so eine Überlegung Gold wert sein – Friedrich II. würde dafür einen Orden verleihen, Schlüter und Schinkel hätten ihre Freude.

In diesem Sinne sollten sich die besten Architekten der Welt an diesem Bau beteiligen, sagt Manfred Prasser. „Wir müssen uns zu unserer Geschichte bekennen – wo, wenn nicht hier?“ Und bald. Bevor die Schneidbrenner kommen und jene, die auf die Stahlträger aus dem „Palast“ erpicht sind…

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