zum Hauptinhalt
Solarstrom-Projekt auf einer zusammenhängenden Wohnanlage auf den Flachdächern des Plattenbau-Komplexes "Gelbes Viertel" am 19.03.2014 in Berlin-Lichtenberg.

© Jörg Carstensen/ DPA

Wie geht es weiter mit Gas- und Stromnetz in Berlin?: Energiewendegesetz ohne klare Linie

Bis 2050 will Berlin klimaneutral sein. Am Dienstag findet dazu eine Klausurtagung im Senat statt. Doch SPD und CDU suchen noch nach einer gemeinsamen Linie. Wie soll es weitergehen mit dem Gas-, Stromnetz und der Fernwärme?

Von Sabine Beikler

Berlin hat sich hohe energiepolitische Ziele gesteckt: Bis 2050 will die Stadt klimaneutral sein. Das ist eine Minderung der Kohlendioxid-Emission zu 85 Prozent im Vergleich zu 1990. Im April hat der Senat ein Energiewendegesetz verabschiedet. Doch es fehlt eine Linie, wie es weitergeht mit dem Gas- und Stromnetz und der Fernwärme.

Komplizierte Lage auf dem Energiemarkt

Am Dienstag geht der Senat darüber in Klausur. Die Federführung liegt bei Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer (CDU) und Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD). Klar ist, dass die CDU Landesbeteiligungen im Energiebereich nicht mehr ausschließen wird. „Kooperation statt Konfrontation“, heißt es. Priorität sollen dabei Versorgungssicherheit und Preisstabilität für Kunden haben. Doch ist die Lage auf dem Energiemarkt kompliziert.

Das Gasnetz

Die Vergabe des bisher von der Gasag betriebenen Gasnetzes an das landeseigene Unternehmen Berlin Energie war im Dezember nach einer Klage der Gasag vor dem Landgericht gescheitert – eine Ohrfeige für den Senat. Das Verfahren der Vergabestelle bei der Finanzverwaltung unter dem damaligen Senator Ulrich Nußbaum bewerteten die Juristen als mangelhaft.

Berlin Energie sei überhaupt nicht bieterfähig gewesen, zum anderen fehle es an Transparenz bei der Wahl der Kriterien zur Bewertung der Angebote. Das Land hat gegen das Urteil Berufung eingelegt, ebenso die Gasag. Das Verfahren kann sich lange hinziehen. Nußbaums Nachfolger Kollatz-Ahnen setzt deshalb auf eine Verhandlungslösung, auf ein Kooperationsmodell.

Strategische Uneinigkeit

Die Gasag hatte dem Land zwei Angebote unterbreitet: eines für die alleinige Konzession, das andere für ein Kooperationsmodell mit dem Land. Die Gasag bot 25,1 Prozent Anteile an der Netzgesellschaft NBB mit der Option, die Anteile zu erhöhen. Doch da derzeit die Konzessionsvergabe juristisch geprüft wird, dürfte eine Beteiligung am Netz schwierig sein. Bliebe dem Land noch, Gasag-Anteile zu kaufen. Eon ist mit rund 36,85 größter Anteilseigner, gefolgt von Gaz de France (GDF) und Vattenfall mit je 31,57 Prozent. Die Eigner sind sich strategisch nicht einig. Das Land will Beteiligungen im Energiemanagement und beim Netzbetrieb prüfen. Es geht nicht um eine Beteiligung in den Segmenten Vertrieb, Handel, Erzeugerkapazitäten. Das operative Geschäft will man weiter der Gasag überlassen.

Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen
Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen muss zusammen mit der CDU eine gemeinsame Linie zum Energiegesetz finden.

© picture alliance / dpa

Das Stromnetz

Nach der misslungenen Rekommunalisierung des Gasnetzes ist unklar, wie es mit der Vergabe der Stromnetz-Konzession weitergehen soll. Das Verfahren wurde gestoppt. Ursprünglich wollte man den zweiten Verfahrensbrief nachbessern, doch nach den rechtlichen Bedenken, dass Berlin Energie gar nicht bieterfähig ist, erscheint ein Weiterführen des Verfahrens zum gegenwärtigen Zeitpunkt obsolet. „Wir haben keine Eile“, heißt es aus dem Senat. Die verbliebenen Bieter heißen Vattenfall und Berlin Energie mit der Genossenschaft Bürger Energie.

Vattenfall ist an einem Gesamtpaket interessiert. Der Konzern will das operative Geschäft behalten, würde seinen Gasag-Anteil verkaufen, wenn im Gegenzug das Land Berlin Energie als Bewerber aus dem Stromnetzverfahren zurückziehen würde. Das wird wohl mit der SPD, die an der Rekommunalisierung des Stromnetzes festhält, nicht zu machen sein. Offen ist auch, was mit dem Fernwärmenetz geschehen soll.

Das Fernwärmenetz

Vattenfall gehören 90 Prozent des Fernwärmenetzes. Das Unternehmen ist der Rechtsauffassung, dass es für das Rohrnetz eine unbefristete Nutzungserlaubnis gibt, weil das Konzessionsrecht für Fernwärme nicht gilt. Der vor 20 Jahren abgeschlossene Vertrag zur „öffentlichen Versorgung mit elektrischer Energie und Wärme“ lief Ende 2014 aus. Finanzsenator Kollatz-Ahnen lässt derzeit im Zuge eine Feststellungsklage prüfen, ob und welche Zugriffsmöglichkeiten das Land auf das Fernwärmenetz tatsächlich hat. Die Rechtslage ist schwierig.

Zur Startseite