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Berlin: WIE GERECHNET WIRD

Jochen B. verdiente 4344,14 Euro im Monat.

Jochen B. verdiente 4344,14 Euro im Monat. Erst bekam er Arbeitslosengeld, dann Arbeitslosenhilfe. Das waren noch 1189,67 im Monat. Ab 1. Januar bekommt er nur noch die Regelleistung von 345 Euro plus seine Miete – allerdings nur, wenn die Wohnung angemessen ist. Sonst muss er binnen sechs Monaten umziehen. Hat er Werte, etwa ein teures Auto, ein Segelboot oder eine Lebensversicherung, so müssen die verkauft und der Erlös verwertet werden. Ein angemessenes Auto, seine RiesterRente und Altersvorsorge von 200 Euro pro Lebensjahr darf er behalten. Variante: B. hat eine Freundin, die einen Job hat und ganz gut verdient. Er lebt mit ihr in einer Wohnung, die in besseren Zeiten gemietet wurde; seit er arbeitslos wurde, können sie sich die Wohnung nur noch leisten, weil er jene 1189 Euro monatlich bekam. Schrumpfen die jetzt auf 345 Euro, muss das Paar umziehen.

Fall 2: Ehepaar Rita und Heinz M., 56 und 58, er ist arbeitslos, sie hat einen Mini-Job mit 310 Euro monatlich.

Sein letztes Einkommen lag bei 1310,81 Euro monatlich; jetzt bezieht er monatlich 544,48 Euro Arbeitslosenhilfe. Mit dem Einkommen der Frau, ergänzender Sozialhilfe und Wohngeld kommt das Ehepaar auf 1127,36 Euro im Monat. Nach der neuen Regelung wird das Wohngeld abgeschafft, die ergänzende Sozialhilfe fällt auch weg. Die beiden bekommen jeweils die Regelleistung von 311 Euro plus die Miete ersetzt. Auch hier gilt: Ist die Wohnung nicht angemessen – also bei zwei Leuten teurer als 405 Euro –, muss umgezogen werden. Monatlich stehen sich M.s also schlechter – sie haben noch 1027 Euro. Gehört dem Paar etwa eine Datsche, muss die verkauft werden.

Fall 3: Jennifer S., 20, allein erziehende Mutter einer fast Dreijährigen, lebt von Sozialhilfe.

Jennifer S. steht sich nach der neuen Regelung auf den ersten Blick etwas besser. Sie hat jetzt 623,40 Euro zum Leben, Miete geht extra. Das setzt sich zusammen aus dem Sozialhilfesatz, dem Regelsatz fürs Kind, dem Mehrbedarf für Alleinerziehung und einer Kleiderpauschale. Ab Januar bekommt Jennifer S. 676,20 Euro, also rund 54 Euro mehr, plus Miete. Allerdings fallen die vielen Sonderbeihilfen weg, die es nach altem Recht gab – für Einrichtung, Bettzeug, Haushaltsgegenstände. Mit ihrem Geld muss Jennifer S. künftig alles selbst bezahlen. Nur wenn sie wieder schwanger wird und in wenigen anderen Fällen gibt es noch anerkannte Mehrbedarfe. Ihre Tochter wird bald drei Jahre alt. Dann muss Jennifer jede zumutbare Arbeit annehmen, sonst werden die Leistungen gekürzt. Will Jennifer eine Ausbildung machen, bekommt sie kein Geld mehr. Dann muss sie vom Lehrlingsgehalt und dem Sozialgeld der Tochter leben.

Fall 4: Anke S., 44, und Jörg M., 46, leben unverheiratet zusammen. Er verdient brutto 4988 Euro im Monat, sie ist derzeit arbeitslos.

Ihr letzter Job brachte brutto 3390,81 Euro monatlich; das macht derzeit 1188,76 Euro Arbeitslosenhilfe. Nach der neuen Regelung bekommt Anke S. gar nichts mehr, weil ihr Lebenspartner gut verdient. Wo genau die Grenze dafür liegt, lässt sich nicht bestimmen. Generell gilt: Wenn er mehr verdient, als beiden nach der neuen Regelung zustünde, bekommt sie vom Staat gar nichts mehr. fk

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