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Berlin: Wie Hund und Katz’

Affäre Tierheim: Vereins-Chef erläutert Untreuevorwürfe. Ex-Geschäftsführer weist Anschuldigung zurück

Die Frau an der Kasse ist aufgewühlt. Die Mitarbeiterin im Katzenhaus ist schockiert. Und eine Tierliebhaberin und langjährige Spenderin, die an diesem Donnerstagnachmittag im kalten Wind zwischen den weitläufigen Tierzwingern hin- und hereilt, befürchtet, dass nach dem Skandal jetzt die Spenden ausbleiben. In Berlins zentralem Tierheim am nordöstlichen Stadtrand hat die Strafanzeige des Präsidenten des Tierschutzvereins gegen vier führende Mitglieder von Geschäftsführung und Trägerverein einen Schock ausgelöst. „Wir sind aufgewühlt und wissen gar nicht, welcher Seite wir glauben dürfen“, sagte eine sichtlich bewegte Mitarbeiterin dem Tagesspiegel.

Die Anzeige gegen ihre am Wochenende wegen der Vorwürfe überraschend zurückgetretenen Chefs wegen Betrugs und Untreue löste bei vielen der knapp 80 Mitarbeiter Angst um ihre Zukunft aus. „Uns rufen den ganzen Tag über Mitglieder an und sind sauer, weil sie fürchten, hier würden ihre Gelder veruntreut. Wenn wegen der Affäre jetzt die Spenden ausbleiben, könnte das unsere Existenz bedrohen“, sagte eine andere Mitarbeiterin.

Die Anzeige gegen die beiden bisherigen Vorstandsvorsitzenden des Berliner Tierschutzvereins, Volker Wenk und Simone Mierheim, sowie gegen Geschäftsführerin Carola Ruff und Rainer Polle hatte, wie berichtet, der Präsident des Tierschutzvereins, Wolfgang Apel, gestellt. Die Staatsanwaltschaft bestätigte gestern den Eingang der Anzeige, in der den Beschuldigten unter anderem vorgeworfen wird, sich über Jahre mehr Geld ausgezahlt zu haben als ihnen zustand.

Volker Wenk wies alle Anschuldigungen zurück: „Mir wurde bisher kein Material vorgelegt, das mich belasten könnte", sagte der langjährige Tierheim-Geschäftsführer auf Anfrage. Vereinspräsident Apel konkretisierte dagegen am Nachmittag vor der Presse seine Vorwürfe. So hätten vor allem Wenk und Ruff, die miteinander verheiratet sind, „Jahre lang mit falschen Daten gearbeitet“ und sich um „150 000 bis 500 000 Euro“ bereichert. Das sei geschehen „mit einer solchen kriminellen Energie, dass man das nicht kontrollieren konnte“. Aufgefallen ist der Schaden laut Apel erst, als er wegen des Streites um eine Eintrittsgebühr und eine Einlasskontrolle den Eindruck bekam, im Tierheim würden die Beschlüsse des Tierschutzvereins nicht befolgt, der das Haus trägt. Daraufhin habe sich der Vereinspräsident Unterlagen der Verwaltung besorgt, die zeigten, dass vor allem Wenk und Ruff den Verein betrogen hätten. „Drahtzieher“ sei Wenk gewesen.

Am vergangenen Wochenende konfrontierte Apel dann die ausgeschiedenen Führungskräfte auf einer Vorstandssitzung mit den Vorwürfen und zwang sie so zum Rücktritt. Jetzt prüft die Staatsanwaltschaft laut Apel alle Unterlagen der vergangenen fünf Jahre. Auch die Baukosten von rund 35 Millionen Euro für die moderne, geräumige Anlage, die 2001 fertiggestellt wurde, sollen überprüft werden. Dass das Projekt damals teurer wurde als geplant, ist bereits seit langem bekannt. Das liegt aber, so Apel, nach jetzigem Kenntnisstand an bautechnischen Problemen, nicht an den jetzt erhobenen Vorwürfen.

„Ich habe mir nichts vorzuwerfen“, kontert Wenk. Alle wichtigen Überweisungen und Buchungsvorgänge des Tierheimes seien nach dem Vier-Augen-Prinzip kontrolliert und unterschrieben worden, die meisten habe sogar Vereinspräsident Apel gegengezeichnet. Laut Wenk gab es dabei allerdings einen Dissens: Apel habe die Gehälter von Polle und Ruff, die bei monatlich 6000 Euro brutto lagen, als „überhöht“ kritisiert. Ruff arbeitete Polle in den vergangenen vier Monaten als ihren Nachfolger im Tierheim ein. Wegen der gegen ihn erhobenen Vorwürfe wurde Polle entlassen. Alle vier wurden außerdem aus dem Tierschutzverein ausgeschlossen und erhielten Hausverbot für das Gelände. Tierheim-Chefin Ruff war wegen einer bereits seit langem geplanten Auslandsreise gestern nicht zu erreichen.

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