zum Hauptinhalt

Berlin: Wie im Freibad, so im Gericht

Prozess um Sturm auf Prinzenbad begann mit Krawall

Sie machten im Verhandlungssaal weiter, wie sie im August 2002 im Prinzenbad aufgehört hatten. Wie schon damals rangelten auch am Dienstag im Moabiter Kriminalgericht Demonstranten und Polizisten. Da sollte eigentlich der Prozess beginnen – wegen der Stürmung des Kreuzberger Sommerbades vor zweieinhalb Jahren. Die Verhandlung wurde vertagt.

Die Proteste im Sommer 2002 waren eine spontane Aktion. Nach einer weitgehend friedlich verlaufenen Demonstration vor dem Eingang des Prinzenbades gegen die Erhöhung der Eintrittspreise, beschlossen einige Demonstranten das Bad zu stürmen. Angestachelt durch Sprechchöre und das nervöse Auftreten von Sicherheitsdienst und Polizei, schwangen sich einige Punks schließlich über die Drehkreuze und lieferten sich mit der Polizei Jagdszenen am Beckenrand. Am Ende gab es drei Leichtverletzte.

Gestern nun sollte im Kriminalgericht der Prozess gegen einen der Demonstranten beginnen, er ist angeklagt wegen Hausfriedensbruchs. Per E-Mail-Rundschreiben hatten Freunde von ihm dafür gesorgt, dass sich vor dem Saal rund 30 Zuschauer einfanden, die bei der Verhandlung dabei sein wollten. Einer von ihnen ging in den Saal – da war der Fall noch gar nicht aufgerufen – und startete drinnen eine Verteidigungsrede vor einem verdutzten Vorsitzenden und einem genervten Staatsanwalt. Dann besetzten die Zuschauer die Ränge und wollten der Aufforderung, den Saal wieder zu verlassen, nicht Folge leisten. Ihr Argument: „Wir sind doch alle angeklagt.“

Ein Wort gab das nächste, niemand ging freiwillig. Schließlich trabten ein Dutzend Justizwachtmeister an, um die Zuschauer aus dem Saal zu drängen oder zu tragen – ebenfalls begleitet von großem Protestgeschrei. Als der Saal leer war, die Verhandlung endlich beginnen sollte, waren alle da, nur der Angeklagte nicht. Da es nicht auszuschließen war, dass er bei dem Tumult ebenfalls von den Wachtmeistern hinauskomplimentiert worden war, setzte der Vorsitzende einen neuen Termin an. Der Verteidiger war zufrieden, der Staatsanwalt rollte die Augen. oew

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false