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Berlin: Wie Jodeln

hegt einen bedrückenden Verdacht Kennen Sie das auch? Sie fahren U-Bahn in Wien, gehen in Kopenhagen die Straße entlang – und irgendwas fehlt.

hegt einen bedrückenden Verdacht Kennen Sie das auch? Sie fahren U-Bahn in Wien, gehen in Kopenhagen die Straße entlang – und irgendwas fehlt. Das Nachdenken dauert, der Gedanke tritt zögernd aus dem Nebel - und pling! Es fehlen die Schrammen auf den U-Bahn-Fenstern, es fehlt das Gekrakel auf den Häuserwänden, das systematische Versauen der Umgebung. Offenbar hat sich nur in Berlin eine seltsame Spezies Irrer herausgebildet, die ihr Biotop nicht verlässt und im Ausland niemals überleben könnte. Kein Politiker baut ihr Krötentunnel, kein Wissenschaftler stellt ihren Fährten nach, und doch ist sie da, kratzt und sprüht und krakelt ohne Anlass, Botschaft, Sinn. Heute reinigen Graffiti-Gegner mühevoll die Weltzeituhr am Alex – aber es hört einfach nicht auf.

Der Gedanke liegt nahe: Inzwischen hat die Sucht eine Generation übersprungen. Es muss Eltern geben, die ihren Kindern quasi reflexhaft das Sprühen und Kratzen beibringen, so, wie wir einst Radfahren und Zähneputzen gelernt haben. Irgendwann gilt das als Folklore wie Schuhplatteln oder Jodeln. Aber die Zeit bis dahin wird noch verdammt lang.

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