zum Hauptinhalt

Berlin: Wieder giftiges Gas in einer Wohnung

Mieter holen die Feuerwehr aus Angst vor Kohlenmonoxid. Polizei entdeckt verschlossenes Abzugsrohr in dem Pankower Altbau

Erneut hat es in Berlin einen Unfall mit Kohlenmonoxid gegeben. Zwei Mieter einer Wohnung in der Wisbyer Straße in Pankow haben am Sonnabend die Polizei gerufen, weil sie unter Kopfschmerzen gelitten hätten. „Uns war schwindelig“, sagte Sascha H., einer der Betroffenen. Das Gas verursacht derartige Symptome und kann zum Tod führen. Bei den beiden Männern, die ihre Wohnung selbstständig verlassen konnten, sei eine erhöhte Konzentration von Kohlenmonoxid im Blut festgestellt worden, hieß es bei der Feuerwehr. Sie wurden ambulant behandelt, Lebensgefahr bestand nicht. Rettungskräfte konnten weder in der Wohnung noch im Haus gefährliches Abgas feststellen.

Die Gaszufuhr in das Haus ist aus Sicherheitsgründen gestoppt worden. Am vergangenen Wochenende hatte Kohlenmonoxid aus einer defekten Therme in einer Köpenicker Wohnung eine Familie getötet. Die Polizei ermittelt.

Der Altbau in der Wisbyer Straße wird seit längerem saniert und ist von Gerüsten eingedeckt. Offenbar ist durch Bauarbeiten der Abzug des Gasofens verschlossen worden, durch den die giftigen Abgase nach draußen strömen sollen. Das in der Wohnung installierte Gerät ist ein Modell der in früheren Zeiten häufiger genutzten Außenwandöfen, die meist unter einem Fenster eingebaut wurden. Das dazugehörige Loch sei in diesem Fall von außen verputzt worden, hieß es von der Polizei. Die Heizung hätte wohl abgebaut werden sollen. Ob das Verschließen beabsichtigt war und den Mietern möglicherweise nicht ordnungsgemäß mitgeteilt worden ist, wird derzeit ermittelt. „An der Fassade arbeiten sie schon länger, aber wir haben die Heizung erst an diesem Sonnabend aufgedreht, weil es zu kalt geworden war“, sagte Sascha H., der seit 2008 dort wohnt. Bei der Polizei ging eine Anzeige wegen Verdachts der fahrlässigen Körperverletzung ein. Aus Sicherheitsgründen hat die Feuerwehr am Sonnabend alle 30 Wohnungen des Gebäudes begutachtet, von denen jedoch nur sieben bewohnt sind. Dazu mussten Wohnungen, deren Mieter nicht zu Hause waren, aufgebrochen werden.

Die zwei betroffenen Bewohner werfen dem Hauseigentümer vor, sie vertreiben zu wollen. So war am Sonnabend auch ein Besuch eines Gerichtsvollziehers angekündigt, der auf Antrag der beiden Bewohner habe anordnen sollen, dass die von der Hausverwaltung gekappte Wasserzufuhr wieder hergestellt werde. Schon in diesem April sollen sich Männer der Hausverwaltung gewaltsam Zugang zu der betroffenen Wohnung verschafft haben. Sie begründeten dies den Bewohnern gegenüber damit, dass sie wegen eines befristeten Mietvertrages auszuziehen hätten. Juristen erklärten, solche Verträge seien nur in „absoluten Ausnahmen“ zulässig, nicht aber vor einer gewöhnlichen Sanierung.

Das Haus in der Wisbyer Straße ist Gegenstand mehrerer Verfahren. Bewohner des Hauses berichteten dem Tagesspiegel von „jahrelangem Streit“ mit der Verwaltung. Der Eigentümer des Hauses sei nie selbst aufgetreten, sondern nur über einen Hausverwalter, der einen offiziellen Briefkasten in einem sanierungsbedürftigen Bau in der nahen Kuglerstraße hat. Eigentümer und Verwalter waren nicht zu erreichen.

Bei dem Unglück in Köpenick, bei dem eine Frau, ihre vier kleinen Kinder und ihr Lebensgefährte starben, war der Abzug einer Gastherme mit Papier und Stoff von Vormietern verstopft worden. Sie wollten sich so vor Zugluft schützen, nachdem die Gaslieferung eingestellt worden war. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die Vormieter wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung. Möglicherweise wäre aber auch die Hausverwaltung in der Pflicht gewesen, bei einer Neuvermietung zu prüfen, ob alles fehlerfrei funktioniert.

Kohlenmonoxid ist farb- und geruchlos. Es entsteht bei unvollständiger Verbrennung und ist auch bei den meisten tödlichen Bränden die Todesursache.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false