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Berlin: „Wir haben uns alle geirrt“

Landowsky und Staffelt lehnen vor dem Untersuchungsausschuss jede Verantwortung im Bankenskandal ab

Von Sabine Beikler

Ditmar Staffelt betritt den Saal im Abgeordnetenhaus gut gelaunt, grüßt alte politische Bekannte wie Grünen-Fraktionschef Wolfgang Wieland und beginnt kurz nach neun Uhr am Freitag seine Zeugenaussage im Untersuchungsausschuss mit den Worten „Mein Name ist Doktor Ditmar Staffelt“. Staffelt: SPD-Fraktionsvize, dann Fraktionschef, ab 1992 auch SPD-Landesvorsitzender, 1994 Rücktritt von allen politischen Ämtern, 1998 Einzug in den Bundestag, jetzt parlamentarischer Staatssekretär im Wirtschaftsministerium – einst ein heftiger Verfechter der Bankgesellschaft und Aufsichtsratsmitglied der Landesbank Berlin.

Eine „schlagkräftige Bank“ habe man mit der Gründung der Bankgesellschaft gewollt: für die wirtschaftliche Belebung Berlins, für kleine, mittelständische Unternehmen und für Investoren. „Wir glaubten an ein tragfähiges Konstrukt“, sagt Staffelt, „und sind von einem Controlling, das funktioniert, ausgegangen.“ Außerdem hätten alle Experten zur Bankgesellschaft geraten.

Als Aufsichtsratsmitglied habe er zwar immer wieder mal „große Sorge geäußert“ über die Auflage risikoreicher Immobilienfonds. „Mund und Nase habe ich aufgesperrt, als Wirtschaftsprüfer sagten, dass 25-jährige Mietgarantien durchgeprüft seien.“ Aber man habe sich auf die Wirtschaftsprüfer verlassen. Außerdem: In den Kontrollgremien der Banken hätten ja nicht nur „Politik-Dödels“ gesessen, sondern auch hochrangige Unternehmensführer. Dennoch habe der Aufsichtsrat keine ausreichenden Kontrollmöglichkeiten gehabt. „Das ist im Nachhinein schon frustrierend.“

Staffelt lehnte eine politische Verantwortung für die Konstruktion der Bankgesellschaft ab. Er habe erst „sehr viel später“ die mahnenden Hinweise des Rechnungshofes erhalten. Als Fraktionschef habe er sie auf jeden Fall nicht gekannt. Eine Retourkutsche gegen SPD-Parteifreund Klaus Uwe Benneter, früher Vorsitzender des Untersuchungsausschusses im Abgeordnetenhaus, jetzt im Bundestag und designierter Leiter des Untersuchungsausschusses „Wahlbetrug“. Benneter hat Staffelt vorgeworfen, er habe zu den Sozialdemokraten gehört, die „eindeutige Beweise“ des Rechnungshofes in den Wind geschlagen hätten.

Auch Klaus Landowsky, Ex-CDU-Fraktionschef, Ex-Vorstandssprecher der Berlin Hyp, ist bei seinem Auftritt am Freitag gut gelaunt. Ausufernd berichtet er von der Gründungsphase der Bankgesellschaft, von der Struktur der LBB-Fonds, von den Schwierigkeiten einer Holding-Gründung. Niemand im Ausschuss unterbricht ihn dabei. Persönliche Schuld an der Bankenmisere weist er von sich: „Ich habe meine Aufgabe als Bank-Chef wahrgenommen.“ Die schlechte Entwicklung der Bankgesellschaft sieht er als Folge des „Niedergangs der Immobilienmärkte“. Auch andere Banken und Konzerne hätten nach den neunziger Jahren Wertberichtigungen vornehmen müssen. Er sei aber sicher, dass alle – Politiker und Aufsichtsratsmitglieder – „ihr Bestes“ gewollt und rechtlich einwandfrei gehandelt hätten. „Wir haben uns alle geirrt. Das ist leider so.“ Landowsky sagt, er habe als Banker von keinen Risiken gewusst – und als CDU-Politiker habe er sich wegen der Interessenverquickung „zurückgenommen“. Für Bank-Entscheidungen seien der Hauptausschuss und die zuständigen Senatoren verantwortlich gewesen.

Frank Zimmermann (SPD), Leiter des Untersuchungsausschusses, fasst nach der Sitzung zusammen: „Unglaublich, wie naiv mit Haftungsrisiken umgegangen worden ist.“

Der Ausschuss weiß das, und das ist auch schon alles. Ihm sind die Hände gebunden: Er hat keine Unterlagen – zum Beispiel Protokolle von Aufsichtsratssitzungen, um hart nachfragen zu können. Wiederholt wurden die Bankgesellschaft und Einzelbanken aufgefordert, Prüfberichte zu übergeben. Vergeblich. Langsam platzt den Ausschussmitgliedern deshalb der Kragen. Notfalls werde man sich die Unterlagen anders beschaffen – durch eine amtliche Beschlagnahme.

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