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Wie im Fluge. Es sieht zwar nach Spielzeug aus, aber Modellbau ist mittlerweile eine Hightech-Freizeitbeschäftigung. Foto: dapd/Felix Fontane

© dapd

Berlin: Wir werden Riesen sein

Zu Lande, zu Wasser und in der Luft: Im FEZ trifft sich am Wochenende die Modellbauszene. Die Besucher dürfen nicht nur zuschauen.

Auf dem Rummelplatz amüsieren sich Menschen in der Achterbahn und im Autoscooter. In der benachbarten Stadt, die aussieht wie in einem Film aus den 30er Jahren, scheint gerade etwas Merkwürdiges in der Bankfiliale vorzugehen – ein Überfall etwa? In einiger Entfernung fährt eine Diesellokomotive durch toskanische Hügel, und weiter hinten lädt ein Radlader einige Kisten auf. Während an einer Stelle Flugzeuge durch die Lüfte segeln, taucht auf dem Wasser gerade ein U-Boot ab. Zu Wasser, auf dem Lande und in der Luft: Es sind viele kleine eigene Welten, die am Wochenende in der Sport- und Schwimmhalle des FEZ in der Wuhlheide zu bestaunen sind. Zwar entsprechen die Modelle nicht dem naturgetreuen Maßstab, aber dafür sind alle selbst entworfen und mit viel Liebe und Akribie gebaut. „Die faszinierende Welt des Modellbaus“ heißt die Schau, die zum sechsten Mal stattfindet und diesmal dem Schwerpunkt Autos, Flieger und Schiffsmodelle gewidmet ist.

Woraus sind die Modelle gebaut, wie funktionieren sie, was treibt sie an und wie lange dauert es bloß, ein großes Segelschiff aus Lego oder einen ferngesteuerten Truck zu bauen? All diese Fragen können die zahlreichen Modellbauer beantworten, die auch zu vielen Aktions- und Spielangeboten einladen. Einer von ihnen ist der Projektleiter der Schau, der auch die Arbeitsgemeinschaft Eisenbahn- und Automodellbau für Kinder, Jugendliche und Erwachsene im FEZ leitet. Frank Tinius ist seit seinem dritten Lebensjahr Modelleisenbahner, seine Toskana-Landschaft ist fast fünf Meter lang und gut einen Meter breit. „Ich war viel in Italien unterwegs und mag die Architektur, die Landschaft und das besondere Licht der Toskana“, erzählt der 54-Jährige. All das versucht er, in seinen Modellen, die er nach Fotos und Originalplänen baut, wiederzugeben. „Die meiste Freude macht das Bauen. Das Spielen ist als Erwachsener eher zweitrangig“, so Tinius.

So empfinden viele Modellbau-Fans, von denen etliche einem der zahlreichen Berliner Modellbauklubs angehören. Sie treffen sich einmal im Monat zum Stammtisch, tauschen Erfahrungen, Material und Werkzeuge aus und fahren zusammen auf Messen oder auf Wettbewerbe. „Natürlich möchte man bei diesen Gelegenheiten von den Kollegen hören: ‚Mensch, das haste ja wieder toll hinbekommen!‘“, sagt Henning Firnhaber und lacht. Der Rixdorfer ist einer von rund 30 Mitgliedern beim „Truck Modellbau Club ’88 Berlin“ und bringt eine fast 13 Kilo schwere, hydraulische Laderaupe im Maßstab 1:16 mit ins FEZ. Ihr Wert: rund 8000 Euro. „Nach oben sind den Kosten bei unserem Hobby keine Grenzen gesetzt“, erklärt er. Das ist gut vorstellbar. Denn viele der ferngesteuerten Trucks, die auf dem sechs mal 20 Meter großen Parcours im FEZ fahren werden, sind wie der Musikshowtruck mit Rockband komplett aus Metall und handbemalt. Sie haben Alufelgen und sogar echte Differentiale und Schaltgetriebe.

Dass so ein Hobby teuer sein kann, weiß auch Spielwarenhändler Dirk Delorme vom neu gegründeten Verein „Berliner Steinkultur“, in dem sich alles um fantasievolle Modelle aus Legosteinen dreht. Delorme hat in vier Monaten ein 2,5 Meter langes Modell des Nelson-Flagschiffes aus der Schlacht von Trafalgar, die „HMS Victory“ von 1765, gebaut, das er im Dezember als Dauerleihgabe an das Deutsche Technikmuseum gegeben hat. „Umgerechnet könnte man sich von diesem Schiffsmodell einen Südseeurlaub leisten“, verrät der Weißenseer. Delorme und seine Freunde von der Steinkultur werden am Wochenende unter anderem eine Mondstation und eine große Stadt sowie eine Eisenbahn zeigen und wollen außerdem einen bunten, hohen Turm bauen, zu dem die Ausstellungsbesucher selbstgebaute Stockwerke beisteuern können.

Modellbau hat jedoch nicht nur etwas mit entspanntem Werkeln im Hobbykeller zu tun. Manchen Fans wie Klaus Wallstab vom „Modellflugclub 90“ in Ludwigsfelde ging es immer mehr um den sportlichen Aspekt. Seit 1965 baut der heute 74-jährige Ingenieur Segler und Motorsegler und hat viele Modellmotoren auf Leistung getunt. Zwar nimmt Wallstab inzwischen nicht mehr an den regelmäßig auf dem Vereinsgelände stattfindenden nationalen und internationalen Wettbewerben teil, doch lässt ihn der Reiz des Modellflugsports nicht los. Daher weiht er nun als Übungsleiter Nachwuchspiloten in seine Geheimnisse ein. „Das hält jung“, sagt Wallstab und will den jungen Gästen im FEZ so manchen Tipp für einen gelungenen Start eines selbstgebauten Wurfgleiters geben.

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