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Berlin: Wirbeln für mehr Respekt

Zum ersten Mal gab es eine Breakdance-WM nur für Frauen. Teilnehmerinnen sagen: Gegen Männer anzutreten war einfacher

Es ist laut, es ist heiß, und auf der Bühne tanzt eine orangefarbene Hose für Deutschland. Die Hose gehört Christine Okoroafoar – und natürlich gibt es auch einen Oberkörper dazu und einen Wuschelkopf mit roten Haaren. Aber Christine Okoroafoars Körper scheint jetzt in der Max-Schmeling-Halle mit der Musik zu verschmelzen, die 27-Jährige wirbelt im Breakdance über die Bühne und es ist unmöglich, irgendwelche Gliedmaßen zu erkennen. Ihre Hände stützen den Oberkörper, zuerst beide, dann nur noch eine, Okoroafoar dreht sich immer schneller im Kreis, nur auf der einen Hand. Man will die Augen zu machen, weil einem schummerig wird von dem Wirbeln und dieser lauten HipHop-Musik, die seit vier Stunden aus den Boxen wummert, aber dann schaut man doch hin – es sind schließlich Weltmeisterschaften.

Zum ersten Mal finden in diesem Jahr „B-Girl-Worldchampionships“ statt, die Breakdance-Weltmeisterschaften extra für Frauen, vorher mussten sie sich immer mit den Männern messen. Aus Spanien ist eine Mannschaft nach Berlin gekommen, aus der Schweiz, England, Frankreich, Belgien und Österreich. Die Deutschen nennen sich „Dirty Mamas“, und Vicky Markovic, die auch in der Mannschaft tanzt, sagt: „Nur gegen Frauen kämpfen, das macht das Gewinnen viel schwerer.“ Wenn man gegen Männer antrete bei so einem „Battle“, also beim Tanz gegeneinander, dann könne sie sonst immer mit ihrer Weiblichkeit punkten, doch jetzt gehe das nicht mehr. „Aber gewinnen ist sowieso nicht das Wichtigste“, sagt Markovic. Breakdance ist ein Teil der HipHop-Bewegung, und beim HipHop zählt die Einstellung. Es geht um Werte wie Toleranz und Respekt und um die innere Revolte durch die Musik. „HipHop ist mein Leben“, sagt die 18-jährige Ayse Eberle aus Stuttgart, die in der Szene Lill Ba genannt wird und sogar nachts um drei im U-Bahnhof manchmal zu tanzen anfängt.

In der ersten Runde muss Deutschland gegen Österreich antreten, nach zehn Minuten „Battle“ gewinnen die „Dirty Mamas“. Weltmeister wird am Ende Frankreich vor der Schweiz, das hat die Jury entschieden. Dort sitzen bekannte Persönlichkeiten aus der HipHop-Szene, die sich Dora nennen, Babyson oder Storm. Storm sagt: „Dieser Tanz lebt von der Energie. Wenn die nicht rüberkommt, kann die Mannschaft nicht gewinnen.“ Die deutschen Frauen werden am Ende Dritte, für eine bessere Platzierung hat die Energie wohl nicht gereicht. An Christine Okoroafoar und ihrer orangefarbenen Hose hat es aber auf keinen Fall gelegen.

Stéphanie Souron

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