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Wirtschaft: Standortvorteil Berlin

Letzter Platz beim Wirtschaftswachstum? Das könnte sich ändern. Berlin lockt zunehmend erfolgreich neue Unternehmen an.

Es gibt nicht nur schlechte Wirtschaftsnachrichten für Berlin. Der weltweit größte Pharmakonzern Pfizer etwa verlegt seine Zentrale mit 500 Mitarbeitern an den Potsdamer Platz. Einen Steinwurf entfernt vom Konkurrenten Sanofi-Aventis – und in der Nähe des Regierungssitzes, wo viele Entscheidungen über das staatlich stark regulierte Geschäftsfeld fallen. Der Vorgang zeigt: Berlin liegt zwar beim Wirtschaftswachstum unter den Bundesländern immer noch auf dem letzten Platz, entwickelt aber zunehmend eine Anziehungskraft für Firmen. Warum sich Firmen für Berlin entscheiden: Wir haben sie gefragt.

„Der Abbau der industriellen Arbeitsplätze ist so gut wie abgeschlossen“, sagt Wirtschaftssenator Harald Wolf. Und die Berliner Dienstleister schafften seit einigen Jahren zahlreiche neue Jobs. Dies gelte besonders in den so genannten Kompetenzfelder, auf die Berliner Politiker und Wirtschaftsförderer besondere Hoffnungen setzen. Die Medienbranche zeigt, warum: Während diese in allen anderen Großstädten schrumpft, legte sie in Berlin in den letzten fünf Jahren um fast 34 Prozent zu. Zuletzt zog Springers Bild-Redaktion von Hamburg nach Berlin. Die Stadt zieht besonders die „Kreativen“ an: Studenten, Künstler, Musiker. Die Zahl der Bands und Labels ist groß. Aus diesem Potenzial schöpfen Konzerne wie Universal oder MTV. Nebenbei profitierten sie von den günstigen Mieten und den geringen Löhnen in der Stadt.

Menschen ziehen gerne nach Berlin

Weil Zeitungen und Magazinen Berlin zur Hauptstadt des neuen Lebensgefühls kürten, kommen gut ausgebildete Experten gerne hier her. In der Solarbranche ist es ein offenes Geheimnis, dass die Firma „Inventux“ auch deshalb die teuren Produktionsflächen in Adlershof billigeren in Brandenburg vorzog, „weil man Mitarbeiter leichter nach Berlin ködert als an fast jeden anderen Standort Deutschlands“. Deshalb soll auch die VW-Tochter „Carmeq“ Berlin den „Heimatorten“ des Konzerns, Wolfsburg und Salzgitter, vorgezogen haben.

Opern- und Konzerthäuser, Kinos und Galerien, Clubs und Bars, Boutiquen, Architektur und idyllische Seen reichen freilich nicht aus, um Firmenlenker an die Spree zu locken. Handfeste wirtschaftliche Vorteile sind gefragt. Da richtet sich der Blick auf die Konkurrenz. Beispiel Pharmaindustrie: Pfizer zieht es auch deshalb nach Berlin, weil Sanofi-Aventis hier ist und Bayer-Schering. BASF baut hier seine „Zentralen Dienste“ auf. „Sie suchen alle die Nähe zu den Wettbewerbern, zur Regierung, aber auch den Kontakt zur Wissenschaft“, sagt Wirtschaftsstaatssekretär Volkmar Strauch. Weil sie Nachwuchs aus den Unis rekrutieren und gemeinsam mit Wissenschaftlern Forschungsprojekte realisieren.

Kooperationen sind gefragt

Dies gilt für die Pharmafirmen und die Gesundheitsindustrie ebenso wie für die Telekom. Der Konzern baut mit der Technischen Universität ein Testlabor auf, und finanziert dort 50 Arbeitsplätze. Siemens stieg mit in das Projekt ein. Nun folgt der US-amerikanische Internetspezialist „Cisco“. Während die Firmen am Markt als Wettbewerber auftreten, gehen sie bei der Entwicklung neuer Produkte einen Teil des Weges gemeinsam – Kooperation kommt billiger als Konfrontation.

Die Ausbildung von Netzwerken sind auch in der Gesundheits-Industrie zu beobachten, die der Senat neben den „Clustern“ Medien und Kultur sowie Verkehr besonders fördert. So verlegte der Konzern „Helios“ seinen Firmensitz von Fulda nach Berlin. Helios betreibt selbst zwei Krankenhäuser in Berlin, in Zehlendorf und Buch. Den Neubau in Buch ließ sich der Konzern 200 Millionen Euro kosten.

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