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Berlin: Wirtschaft will Erfolge von Rot-Rot messbar machen

Unternehmensverbände fordern vom neuen Senat gezieltes Handeln, um Wachstum in der Stadt zu steigern

Von Sabine Beikler

Schlechte Prognosen für die Berliner Wirtschaft sind fast schon an der Tagesordnung. Im ersten Halbjahr 2006 wuchs die Wirtschaft bundesweit um zwei Prozent, in Brandenburg um 1,6 Prozent. Nur Berlin schnitt mal wieder mit 0,8 Prozent Wachstumsrate am schlechtesten ab. Mit solchen Hiobsbotschaften will sich die Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg (UVB) nicht mehr zufrieden geben und fordert vom Senat „gezieltes Handeln und messbare Vorgaben, die jährlich überprüft werden“, sagte am Donnerstag UVB-Hauptgeschäftsführer Hartmann Kleiner bei der Vorlage eines Forderungskatalogs. Der Koalitionsvertrag müsse zur „Leitlinie für mehr Wachstum“ werden. Das bisherige Defizit könne aber nicht mehr allein mit wirtschaftspolitischen Steuerungsinstrumenten ausgeglichen werden.

Vor allem in der Hochschul- und Bildungspolitik erwarten die Unternehmensverbände ein Umdenken: Bisher fehle ein Konzept, wie die Wissenschaftsregion Berlin-Brandenburg zusammengeführt werden könne. Auch die Bildungsbereiche müssten besser vernetzt werden, statt sie auf bisher drei verschiedene Senatsverwaltungen zu verteilen. Berufliche Bildung ist in der Wirtschaftsverwaltung, Kitas und Schulen in der Bildungs- und Hochschulpolitik in der Wissenschaftsverwaltung angesiedelt. Der UVB fordert deshalb eine neue Senatsverwaltung für Bildung und Wissenschaft.

Statt die Zahl von nicht ausfinanzierten Studienplätzen zu erhöhen, müsse die Forschung und Lehre deutlich verbessert werden, sagte Kleiner. Um das zu finanzieren, sollten neben staatlichen Investitionen auch „ sozialverträgliche Studiengebühren “ eingeführt werden. Dies könnte auch dazu führen, dass sich die Studienabbrecher-Quote von bis zu 30 Prozent verringert und insgesamt mehr Studienkapazitäten freiwerden.

In der letzten Legislaturperiode fielen 110 500 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze in Berlin weg, das ist ein Rückgang von 9,8 Prozent. Der Senat will 80 000 neue Arbeitsplätze schaffen, doch kann er das laut UVB nur durch eine Arbeitsmarktpolitik realisieren, die weniger auf Ein-Euro-Jobs oder Minijobs basiert. Der UVB kritisiert einen öffentlichen Beschäftigungssektor, bei dem Gelder für Arbeitslosengeld-II-Empfänger zusammengelegt und als Lohn für Beschäftigung genutzt werden. Statt eines „dritten Arbeitsmarktes“ müssten Existenzgründer unterstützt oder Kombilohnmodelle angeboten werden, um dauerhafte Beschäftigung zu sichern.

Trotz der dramatischen Haushaltslage der Stadt müsse Berlin in der Investitionsförderung mehr unternehmen. Instrumente wie GA–Mittel (Gemeinschaftsaufgabe) oder EU–Strukturfördermittel gebe es, doch liege Berlin mit einer Investitionsquote von neun Prozent weit hinter anderen Bundesländern wie Brandenburg mit 20,5 Prozent. „Die Berliner Quote muss um zehn Prozent angehoben werden“, forderte Kleiner, um vor allem die Verkehrsinfrastruktur zu verbessern. Der Großflughafen BBI könne nur dann erfolgreich werden, wenn auch eine gute Verkehrsanbindung vorhanden ist. Mindestens 200 Millionen Euro pro Jahr zusätzlich müssten in den Ausbau der Verkehrswege fließen, beispielsweise in die Weiterführung des Autobahnrings bis zur Frankfurter Allee oder den sechsspurigen Ausbau des nördlichen oder westlichen Berliner Rings.

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