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Berlin: Wirtschaftssenator Pieroth verläßt verärgert den Senat

Unzufrieden mit der Koalitionspolitik / Manager als NachfolgerVON AXEL BAHR BERLIN.Der Berliner Senat steht vor einer Kabinettsumbildung.

Unzufrieden mit der Koalitionspolitik / Manager als NachfolgerVON AXEL BAHR BERLIN.Der Berliner Senat steht vor einer Kabinettsumbildung.Nach Informationen des Tagesspiegels wird Wirtschaftssenator Elmar Pieroth (CDU) demnächst sein Amt zur Verfügung stellen.Seine Nachfolge soll eine in Berlin bekannte Persönlichkeit aus der privaten Wirtschaft antreten.Über den genauen Zeitpunkt des Rücktritts des langjährigen Senatsmitgliedes herrscht derzeit noch Unklarheit.Pieroth wollte gestern seine Demission nicht dementieren: "Ich habe meine Lebenspläne." Daß er im Oktober seinen Hut nehme, wie es in den letzten Tagen kolportiert wurde, bestätigte der 63jährige hingegen nicht. Pieroth ist mit der Senatspolitik in höchstem Maße unzufrieden.Gegenüber dem Tagesspiegel sagte er, im Gesamtsenat sei eine "arbeitsplatzschaffende Wirtschaftspolitik derzeit nicht durchzusetzen".Auch würde die Regierung ihren vor einem Jahr festgelegten Prioritäten nicht folgen.Damals wurde das Wirtschaftswachstum als eines der wichtigsten politischen Ziele definiert.Die Koalition hatte in ihrer Haushaltsklausur vor zwei Tagen beschlossen, das Investitionsvolumen um 200 Millionen auf 5,85 Milliarden Mark zurückzufahren.Teilnehmer der Klausur berichten in diesem Zusammenhang von einem Eklat.Pieroth habe beim Investitionsthema wutentbrannt den Raum verlassen und gesagt: "Wenn sie das machen, kann das Wirtschaftsressort einem anderen Ressort zugeschlagen werden".Elmar Pieroth wollte zu diesem Vorgang jedoch gestern keine Stellungnahme abgeben. Im Abgeordnetenhaus hatte der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) am Donnerstag noch gesagt, daß "derzeit" keine Veränderungen im Senat anstünden.Und das, obwohl auch in der CDU das Thema Pieroth intensiv diskutiert wurde.Von offizieller Seite wird den Pieroth-Plänen gegenwärtig noch eine Absage erteilt.Senatssprecher Michael-Andreas Butz sagte gegenüber dem Tagesspiegel: "Es ist nicht beabsichtigt, eine Senatsumbildung vorzunehmen." Hinzu fügte Butz, daß alle Senatoren, also auch die der SPD, in diesen schwierigen Zeiten gute Arbeit leisten würden.Demzufolge bestünde für Veränderungen keinerlei Veranlassung. Für den Regierungspartner SPD sagte Fraktionssprecher Peter Stadtmüller, er werde zu "Gerüchten" keine Stellungnahme abgeben.Nachdem die Koalition den Haushalt gestemmt habe, wolle er "kein neues Öl ins Feuer gießen".Angesprochen, ob die SPD ein von ihr gestelltes Senatsmitglied austauschen werde, sagte Stadtmüller: "Diese Pläne gibt es in der SPD nicht." Bei den Sozialdemokraten wird seit Monaten Schulsenatorin Ingrid Stahmer als die Kandidatin gehandelt, die bei einer Neubesetzung als erste ihr Ressort räumen müßte. Verbunden mit dem Schicksal Pieroths ist offenbar auch die Zukunft von Wirtschafts-Staatssekretär Wolfgang Branoner (CDU).Dieser war zu Anfang der Legislaturperiode vom Stadtentwicklungs- ins Wirtschaftsressort gewechselt und sieht sich in erster Linie gegenüber seinem Senator in der Pflicht.Pieroth gehört dem Senat seit seinem Wechsel von Bonn 1981 an, unterbrochen von der rot-grünen Koalition 1989/90 und einem halbjährigen Intermezzo im Ost-Berliner Magistrat.Einen Namen machte sich der überzeugte Marktwirtschaftler in den 80er Jahren durch sein Engagement für den Mittelstand und Existenzgründer.Künftig will sich Pieroth verstärkt der wirtschaftlichen Entwicklung in den östlichen Bezirken widmen.Im letzten Wahlkampf machte er durch seine Auftritte in Hellersdorf von sich reden.Seine fehlenden Berührungsängste gegenüber der PDS brachte ihm heftige Schelte von der eigenen Partei ein.

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