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© Kitty Kleist-Heinrich

WLAN: Surfen ohne Grenzen

Am Dienstag entscheidet der Senat über flächendeckendes WLAN in der City. Ein Pro & Contra.

Bereits vor zwei Jahren schlug die SPD ein kostenloses WLAN in der Innenstadt vor, damit Einwohner und Touristen mit Laptop im Internet surfen und E-Mails abrufen können. Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) bemühte sich um private Betreiber. Nun steht das Vorhaben auf der Kippe, am Dienstag entscheidet der Senat. Obwohl die Wirtschaftsverwaltung bestreitet, dass die Pläne gescheitert seien, sieht es sehr danach aus.

Dabei wäre der Bedarf vorhanden. Beliebt ist das Gratis-WLAN im Sony-Center am Potsdamer Platz, wo Touristen online gehen. Auch viele Cafés bieten dies ihren Gästen an. „Bluespot-Terminals“ der Außenwerbefirma Wall ermöglichen am Kurfürstendamm eine Stunde lang die WLAN-Nutzung; bald will Wall das Angebot durch neue BVG-Wartehäuschen mit WLAN ausweiten.

Gegen das flächendeckende Netz argumentiert die Stadtentwicklungsverwaltung: Als Routerstandorte seien Ampeln ungeeignet, da sie durch Strahlung gestört werden könnten, heißt es, obwohl Tests potenzieller Betreiber keine Probleme ergeben haben. Auch Lampenmasten kämen nur begrenzt infrage. Historische Kandelaber dürften nicht verschandelt werden, bei Gaslaternen fehle der Strom. Die Probleme hätte man zwar lösen können, sagt eine Sprecherin der Verwaltung. Allerdings sei die Technik „nicht mehr zeitgemäß“. Auch Wirtschaftsstaatssekretärin Almuth Nehring-Venus sagt, Mobilfunkfirmen böten „mit günstigen Flatrates sowie mit Angeboten für den Internetzugang für einen Tag attraktive Alternativen“.

Bei T-Mobile gibt es die Monatsflatrate ab 20 Euro und Tageszugänge ab 4,95 Euro. Für Ausländer bleibe die Datenübertragung übers Handynetz aber „wahnsinnig teuer“, kritisiert die Berlin Tourismus Marketing GmbH. Geschäftsführer Burkhard Kieker sagt, Berlin hätte „die erste Hauptstadt“ mit flächendeckendem WLAN werden können. Drei Firmen waren interessiert. Als der Senat eine Ausschreibung ankündigte, „haben sich alle distanziert“, sagt Thomas Katz von der Airdata AG. Seine Firma wollte den Dienst durch Werbung und kostenpflichtige Zusatzdienste für Geschäftsleute finanzieren. In Pankow und Friedrichshain-Kreuzberg betreiben Bürger ein „Freifunk“-Netz. Jeder von ihnen öffnet sein WLAN für Fremde und kann dafür auf die Netze anderer zugreifen. CD

Was meinen Sie? Rufen Sie am heutigen Sonntag zwischen 8 und 23 Uhr an. Wenn Sie dafür sind, wählen Sie 0137-20 33 33 - 1. Wenn nicht, wählen Sie 0137-20 33 33 - 2 (14 Cent pro Anruf). Diskussion im Internet: www.tagesspiegel.de/umfragen. Das Ergebnis veröffentlichen wir am Dienstag.


Pro & Contra

PRO
Das Internet ist mehr als nur Youtube und Facebook. Es informiert und bildet, es ist ein Wirtschaftsfaktor und eine tolle Serviceeinrichtung, es dient dem zwischenmenschlichen Austausch und es befördert die Demokratie. Das Netz wird in Berlin von der Mehrheit der Bevölkerung regelmäßig genutzt. Es gehört zum täglichen Leben und ist so etwas wie öffentlich-private Daseinsvorsorge. In diesem Sinne sollte der Senat das eigene Bemühen verstehen, das jetzt zu scheitern droht, in der Innenstadt ein kostenloses und flächendeckendes WLANNetz anzubieten. Mit Hilfe privater Investoren. Das Bedürfnis, auch auf der Straße, im Café oder im Park ins Netz zu gehen, wächst. Aber nicht jeder kann es sich leisten, mobile Internetdienste per Handy, Netbook oder Notebook in Anspruch zu nehmen. Es wäre bürgerfreundlich und könnte sich zu einem guten Standortfaktor für Berlin entwickeln, wenn sich das flächendeckende WLAN realisieren ließe. Trotz technischer Tücken und städtebaulicher Bedenken: Wenigstens schrittweise sollte sich der Senat dem Projekt nähern. Ulrich Zawatka-Gerlach

CONTRA
Gibt es das Thema Strahlung eigentlich noch? Nicht einmal die Grünen haben Bedenken, ganz Berlin mit hochfrequenten elektromagnetischen Feldern abzudecken, so dass niemand mehr selbst steuern kann, welcher Strahlung er ausgesetzt ist. Zu Hause kann jeder seinen WLAN-Router, das Handy und das Schnurlostelefon abschalten, in der Stadt ginge das nicht. Und wofür das alles? Für ein paar Leute. Viele können es nicht sein: In der Innenstadt sind massenhaft Hotspots, und jeder kann über sein Handy online sein. Die Gruppe derer, die dann als Nutzer des freien Netzes übrig bleibt, ist sicher nicht groß. Die Bundesregierung rät Bürgern, ihre persönliche Strahlenexposition so gering wie möglich zu halten. Deswegen sollte auch der öffentliche Raum keine unnötigen Belastungen bieten. Die Spätfolgen sind noch nicht abschätzbar – hat vielleicht die steigende Krebsrate doch was damit zu tun? Das weiß keiner. WLAN in der ganzen Stadt könnte deshalb zweierlei sein: ein Grund, aufs Dorf zu ziehen. Und ein interessantes Experiment – allerdings am Menschen. Fatina Keilani

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