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Berlin: Wo Grobi zum zahmen Elvis wird

Chaotische Meisterleistungen und schüchterne Wispereien der Starimitatoren beim „Charaokemonster“

Die Popsongs haben mal wieder das Rennen gemacht. Selbst als Grobi mit seinem Irokesenschnitt und dem gepiercten Gesicht auf die Bühne klettert, bleibt der Pogo aus. Grobi wird zum zahmen Elvis und jault „The Great Pretender“ ins Mikrofon. Er bekommt seinen Beifall. An Tomas’ Begeisterungsstürme, der sich zu „Paint it Black“ von den Stones wie ein tobender Star gebärdet hat, und dabei seine Stimmbänder aufs Spiel gesetzt hat, kommt er bei weitem nicht ran.

Im rappelvollen, gewächshausschwülen Konzertsaal des SO 36 grölen und tanzen Hunderte Karaoke-Fans zu den Klassikern der Pop- und Rockgeschichte. Der aus New York stammende Ron, der sich selbst „Karaokemonster“ nennt, hat die Berliner Gemeinde der Gesangsimitatoren zusammengetrommelt und heizt ihnen auch selbst auf der Bühne ein. Dort wechseln sich stimmliche Meisterleistungen mit schüchternen Nachsing-Versuchen ab. Auf eine furiose Show folgt ein gesäuselter Liebessong, bei dem das Duett in der Umarmung das Singen vergisst.

Über 2000 Songs hat Karaoke- DJ Ron in seiner Musiksammlung. Wer mitmachen will, muss nur einen kleinen Zettel mit n und gewünschtem Song ausfüllen – schon ist man in der Warteschleife. In Mappen, die im Saal ausliegen, sind die Titel alphabetisch aufgelistet. Ein rockiges Spektrum von AC/DC bis ZZ Top, Punkrock-Kracher der Sex Pistols und Ramones – alles dabei. Ron, selbst ein Ur-Punk vom ausrasierten Scheitel bis zur Springerstiefelsohle, tourt mit seiner Show durch ganz Europa, im Sommer ist er vor allem in Berliner Clubs.

Dabei läuft es fast überall nach dem gleichen Schema ab: „Zuerst muss man mit Hemmungen des Publikums rechnen und den Leuten einige Zeit was vorsingen“, sagt Ron. Doch zu fortgeschrittener Stunde, wenn Bier und Schnaps ihr Werk getan haben, geht ein Ruck durch den Saal. Dann versucht fast jeder, der noch halbwegs singen kann, ans Mikrofon zu kommen. „Im SO 36 musste ich mir noch nie Sorgen um die Stimmung machen“, sagt Ron.

Selbst wer völlig daneben liegt, wird noch lange nicht zum Buhmann. So macht Figgi aus „Girl you know it’s true“, jenem schlimmen Pop-Relikt der Neunziger, eine völlig neue Version. Halb gerappt, halb gekaspert. Frenetisch gefeiert wird er wie alle Karaoke-Stars. Henning Krautzuhn

Die nächste Show vom „Karaokemonster“ ist am 21.08. im Kumpelnest, Lützowstraße 23. www.karaokemonster.com

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