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Berlin: Wo Hunde helfen: Besuchsdienst auf Pfoten

Ihre Finger halten eine Tüte mit Keksen, die hat die alte Frau sich von der Kaffeetafel abgespart. Die Kekse sind für Cola.

Ihre Finger halten eine Tüte mit Keksen, die hat die alte Frau sich von der Kaffeetafel abgespart. Die Kekse sind für Cola. Cola ist ein Hund. Und die alte Frau wohnt im Wohnheim Alpenland in Steglitz. Pro Woche kommt hier einmal der Hundebesuchsdienst vom Verein „Leben mit Tieren“ vorbei. Heute ist es soweit.

Die alten Leute, die eben noch regungslos im Garten saßen, drehen und wenden sich jetzt und locken den Hund. Der ist vorher, wie alle Besuchstiere, auf Gutmütigkeit getestet worden: Cola wurde angeschrieen, angerempelt und an den Ohren gezogen. Colas Frauchen kommt ehrenamtlich her, Hundecracker und Möhren im Gepäck. Sie schimpft über die Kekse. Cola soll doch nicht fett werden. Nein, Cola soll Leben in die Bude bringen. Das klappt, weil man sich vor Hunden nicht genieren muss. Weil es Hunde nicht stört, wenn man alt, hässlich und gebrechlich ist. Die Hunde sind oft das einzig Lebendige, was die alten Leute noch anfassen.

Professor Christian Große-Siestrup von der Tierexperimentellen Einrichtung an der Charité hat „Leben mit Tieren“ 1988 gegründet. Damals entwickelte er gerade das Kunstherz mit und fand, Medizin müsse mehr sein als Hightech. „Der Mensch hat doch auch eine Seele“, sagt er. Und weil er vom Land kommt, dachte er gleich an Tiere. Besonders an Hunde.

Die Auswirkungen des Tierkontakts nachzuweisen, sei schwer, aber auf jeden Fall wirke ein Hundebesuch positiv auf die Psyche, sagt Große-Siestrup. Was wiederum auf die Physiologie wirke: auf Blutdruck und Hormonhaushalt beispielsweise. Derzeit läuft bei ihm an der Charité eine Studie, in der man Speichelproben von kranken Kindern nach dem Spielen mit Tieren auf das Hormonspektrum überprüfe. Ergebnisse gebe es noch nicht, aber US-Forscher hätten Studien über Kinder, die vor einem Intelligenztest mit Tieren gespielt haben. Je intensiver das Spiel war, desto besser die Ergebnisse. Außerdem gebe es Hinweise, dass Infarktpatienten mit Tierkontakt länger überleben.

An dem Nachmittag in Steglitz trabt Cola umher und nascht aus den Händen. Die Alten streicheln das Tier und fangen an zu erzählen, von damals, als sie selbst einen Hund hatten. An einem Tisch weint jemand, so lange her schon, die schöne Zeit.

Der Verein vermittelt Tiere an Altenheime und Kindereinrichtungen. Rund 100 Ehrenamtliche machen mit. Infos unter Tel. 76941092 oder www.lebenmittieren.de.

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