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Berlin: Wo prachtvolle Gockel ihr Körnchen Wahrheit fallen lassen (Glosse)

Seit dem Ende der Ferien wird die Redaktion wieder täglich mit Horrormeldungen überschwemmt: Landowsky hält vor Laubenpiepern ein Grundsatzreferat. Momper erklärt, warum er SPD-Spitzenkandidat ist.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Seit dem Ende der Ferien wird die Redaktion wieder täglich mit Horrormeldungen überschwemmt: Landowsky hält vor Laubenpiepern ein Grundsatzreferat. Momper erklärt, warum er SPD-Spitzenkandidat ist. Frau Künast teilt mit, dass sie rechnen kann, und Frau Pau definiert die Regierungsfähigkeit der PDS. Da erinnert man sich gern an den Urlaub zurück, an das bunte Dörfchen auf Bornholm, wo an jedem Sonnabend am Hafen Trödelmarkt war. Mit einer seltsamen Lotterie, die Scharen von Besuchern anlockte und nicht nur die Kinder lachen ließ. In der erdverbundenen, deftigen Sprache der dänischen Landbevölkerung hieß es, wörtlich übersetzt: Hühnerscheiße-Spiel.

Und das ging so. Ein prachtvoller Gockel wurde auf einen strapazierfähigen Teppich gesetzt, der in acht mal acht Felder unterteilt war, durchnummeriert. Für jedes der 64 Felder wurde für wenige Kronen ein Los verkauft, dann stolzierte der stolze Hahn würdevoll los, um irgendwann unter stürmischem Beifall etwas fallen zu lassen. Das Feld, auf dem der Hühnerschiss landete, brachte dem Losbesitzer fragwürdigen Gewinn - eine Flasche spanischen Wein und anderen Trödel. Ach, haben wir gelacht!

Ach, wäre doch der Wahlkampf, mit dem uns die ebenfalls urlaubsgebräunten Politiker noch fünf Wochen langweilen wollen, so spaßig und spannend. Leider wissen wir schon immer im Voraus, auf welches Feld die Hähnchen und Hühnchen ihr Körnchen Wahrheit fallen lassen. Und zu gewinnen gibt es auch nicht viel, außer der Erkenntnis, dass vorläufig - bis ins nächste Jahrtausend hinein - wohl alles so bleiben wird, wie es seit langem ist. Ein richtiges Sch. . .spiel der Marke Berlin.

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