zum Hauptinhalt

Berlin: Wofür Rotweinflecken gut sind

An Renate Künasts Tafel gab es neben Wahlkampf auch Weisheiten

„Die Leber wächst mit ihren Aufgaben“, sagte Kabarettist Eckart von Hirschhausen als Tafelredner. Da lachten die 80 Leute, die es sich in den Heckmannhöfen unter freiem Himmel bequem gemacht hatten. Zu trinken gab es Bioweine, denn die Gastgeberin des Abends war Verbraucherschutzministerin Renate Künast. Wahlkampf kann ja so gesund sein. Im Hintergrund fidelte ein Streichorchester, die Tafel war unter kleinen Bäumen mit blütenweißen Stofftischtüchern gedeckt. Nicht ganz korrekt, wenn man sich nach den Ausführungen der Köchin Sarah Wiener richtet, die bei ihrer Tischrede eine alte georgische Weisheit zum Besten gab: Damit die Gäste selber kein schlechtes Gewissen bekommen, wenn sie Flecken verursachen, soll ein wirklich guter Gastgeber vorher Rotwein übers Tuch gießen.

Das „Tafeln!“, wie die Veranstaltung überschrieben war, ist offenbar ein alter Traum der Ministerin, den sie unter allen Umständen fortsetzen will. Sushi-Variationen und Schafskäsepastete mit Butterbohnen kamen von Berliner Restaurants, das Bildungswerk Kreuzberg hatte die vorbildlich effizienten Kellner geschickt, und das herrlich warme Wetter war der Tafel grün an diesem Abend. Darum versammelt sie unter anderem die frühere Jugendsenatorin Anne Klein, Juppy von der Ufa-Fabrik, Sabine Werth, die Initiatorin der Berliner Tafel, und Till Heyer-Stuffer, Landesvorsitzender der Grünen, dessen Großmutter es mit den Tischtüchern auch so gehalten hat wie die Georgier. Es gab Herbstblumen auf den Tischen und Windlichter mit kleinen grünen Igeln drauf. Reklame für die eigene Politik gehörte natürlich dazu, ein Bekenntnis zur staatlichen Lebensmittelkontrolle ebenso wie der Aufruf, dass „die Bäuche der Kinder uns alle angehen“. Den bitteren Kontrast zwischen der dritten und der ersten Welt spitzte von Hirschhausen so zu: „Die eine Hälfte der Menschheit ist am Hungern, die andere ist auf Diät.“ In den Tischgesprächen ging es nicht nur ums Essen, schließlich ist ja Wahlkampf, hier in einer eher unverbissenen Variante. Zum Abschluss gab der Berliner Abgeordnete Özcan Mutlu den grünen Tafelgästen eine hoffnungsvolle Bauernregel mit: „Ist der September grün und klar, wird’s ein gutes, neues Jahr.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false