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Genug gebibbert. Wer von Strickmütze und Schal die Nase voll hat, kann auf gut geheizte und auch sonst sehr angenehme Orte ausweichen. Etwa den Botanischen Garten mit dem Großen Tropenhaus, das Zoo-Aquarium, in dem 2011 sogar kleine Kaimane schlüpften, das Regent-Hotel mit dem von Teemeister Roland Pröh servierten Afternoon Tea oder die Tropical Islands. Fotos: Keystone, Kai-Uwe Heinrich, Imago, Doris Spiekermann-Klaas, pa/ZB

© Chromorange / Keystone

Wohlfühloasen im Winter: Endlich einen Satz heiße Ohren

Immer nur Wolken und Regen, und jetzt wird’s auch noch richtig kalt – das hält niemand auf Dauer aus. Trotzen Sie dem Schmuddelwetter mit Oasen der Wärme und Rückzugsorte des angenehm temperierten Wohlbefindens. Die besten stellen wir hier vor.

HEISS GESTAUNT. „Papa, mir wird langsam warm.“ Maule nicht, mein Sohn, das ist schließlich der Sinn unseres Besuchs bei den Krokodilen. Lege den Schal ab, öffne die Jacke, das machen doch alle hier in den Tropen. Nun gut, der Urwald um uns herum tut nur so, als wäre er einer, aber immerhin. Und dann das dampfig-warme Klima im Raum, der leicht süßliche Modergeruch, der eine Ahnung von Dschungel gibt, mitten im Berliner Januar. Die Besichtigung all der – oft tropischen – Fische und Quallen im Erdgeschoss des Zooaquariums lässt schon an Urlaub denken. Aber im ersten Stock der Schritt durch die Glastür in den atriumhaften Kroko-Raum – das ist, als betrete man eine fremde, überheizte Welt. Das finden die wehrhaften Bewohner sicher nicht, auf der einen Seite aus Südamerika, auf der anderen aus Südostasien stammend. Wie üblich liegen sie faul in der vermeintlichen Sonne, auch die Schildkröten, die man ihnen zugesellt hat, faulenzen, wie es ihre Art ist. Tropische Pflanzen bilden die Kulisse, ausgesucht nach der Flora in den jeweils dargestellten Erdteilen. Wirklich exotisch sind einige längst nicht mehr, findet man doch Banane und Birkenfeige in jedem Gartencenter. Aber die Schmetterlinge, die hier herumflattern sollen, sieht man nicht alle Tage. Heute allerdings auch nicht. Winterschlaf?

Das Zoo-Aquarium ist täglich zwischen 9 und 18 Uhr geöffnet.

HEISS GEÜBT. Sport ist meist eine schweißtreibende Angelegenheit. Aber normalerweise muss man zunächst einmal körperlich etwas leisten. Nicht so bei Hot Yoga: Da reichen oft schon die ersten Atemübungen aus, um ins Schwitzen zu kommen. Denn das Wesentliche bei dieser Spielart der indischen Gymnastik ist, dass sie in ordentlich geheizten Räumen ausgeführt wird – bei 40 Grad. Das ist schon lecker warm, wenn man nur träge in der Hängematte liegt. Und jetzt sollen dabei 26 verschiedene, teils ziemlich anstrengende Übungen absolviert werden, bei denen es immer wieder um die richtige Haltung und Dehnung geht. Was einem zunächst unvorstellbar vorkommt, klappt aber ziemlich gut. Die Hitze scheint dazu zu führen, dass der Körper biegsamer und beweglicher ist oder man sich zumindest so fühlt. Lästiges Aufwärmtraining fällt weg, kleine Erfolgserlebnisse stellen sich relativ schnell ein. Bei den meisten Hot-Yoga-Studios braucht man auch keine Vorkenntnisse zu haben, sondern kann direkt einsteigen. Wichtig ist, genügend Handtücher dabei zu haben und während und nach der Yogastunde viel zu trinken. Der Flüssigkeitsverlust ist enorm.

Infos gibt es unter der Telefonnummer 030/695655 22 oder unter www.sunyoga.de

HEISS GETRUNKEN. Heißer Tee vertreibt die Kälte aus dem Körper. Richtig stilvoll genossen, wärmt er auch die Seele. In der Tee- und Lobbylounge des „Regent“ in Mitte wird, wie auch in anderen Luxushotels, jeden Nachmittag ein Afternoon Tea nach klassisch englischer Art serviert. Das ist hier die Domäne von Roland Pröh, der sich unter anderem in Sri Lanka zum „Teamaster Gold“ hat ausbilden lassen und seine Gäste nach Art eines Sommeliers berät, welche der 35 Teesorten, die er im Angebot hat, genau richtig für Geschmack und Tagesstimmung sind. Es gibt schwarze, grüne und Kräutertees. Tee ist Pröhs Passion, er hält darüber auch Vorträge, manchmal sogar auf Kreuzfahrtschiffen. Man sitzt gemütlich bei live gespielter Pianomusik am prasselnden Kamin auf klassisch eleganten Polstermöbeln vor weißem Meißner Porzellan. Passend zum Porzellan hat Pröh sogar seine eigene Teesorte kreiert: die Meißner Rose, eine Komposition aus grünem chinesischem Tee, Rosenknospen und getrockneten Weinbeeren aus den Meißener Weinbergen. Auf einer Etagere wird alles serviert, was das britische Herz zur Teezeit zum Lachen bringt. Scones mit Clotted Cream aus Devon, Himbeertarteletts und Gebäck aus eigener Patisserie sowie zarte, kleine Sandwiches, belegt mit Ei, Gurke oder Lachs. Dieser nachmittägliche Luxus kostet derzeit 31 Euro. Und natürlich die Zeit, genau dann der wärmenden Muße zu pflegen.

Hotel Regent, Charlottenstraße 49 in Mitte. Täglich zwischen 14 und 18 Uhr.

HEISS GEBACKEN. Zuerst mal das Unangenehme: Im Sommer ist es kaum auszuhalten. „Manchmal haben wir hier 45 Grad“, sagt Erol Camli. „Dann trinken wir literweise Tee, der Körper gewöhnt sich ja an die Hitze.“ Jetzt aber, mitten im Winter, haben Camli, Spross eines Bäckereifamilienbetriebs in Istanbul, und Konditormeister Sellahitin Kurucu den optimal temperierten Arbeitsplatz auf 70 Quadratmetern, vor einem mehrstöckigen Etagenbackofen, umweht von Vanille und gerösteter Haselnuss, vom Duft knackig gebackener Schrippen und türkischen Fladenbrots, flüssiger Schokolade und parfümierter Buttercreme. Ihre Bäckerei mit der offenen Backstube gleich hinterm Ladentresen nennen sie „Salut“. Weil das „Hallo“ heißt, sagt Erol Camli, der drei Jahre in der Schweiz bei einem Keksbäcker gearbeitet und den Gruß „Salü!“ lieben gelernt hat. Seit 18 Jahren lebt er in Berlin, lässt seine gelbe Markise vor dem Laden am Schlesischen Tor in Kreuzberg „Salut!“ grüßen und treibt die Schwyzer Kekskunscht auf die Spitze: Bis zu 50 Kilo backt das Duo pro Tag, 25 Sorten hat es entwickelt, keine wie die andere, keine schwer gezuckert. „Unsere Kunden mögen es nicht zu süß.“ Das sind neuerdings immer weniger Türken, immer mehr Studenten und Zugezogene. Rund um die Uhr wandern die Bleche in den Ofen, vormittags Kleingebäck, nachmittags Croissants, ab 22 Uhr Brote. In den Kühlvitrinen stapeln sich weiße und roséfarbene Cremetorten. Während die Kundschaft sich an der Theke ins Warme, Trockene drängelt, sehnt sich Erol Camli nach dem Frühling, der für ihn temperaturtechnisch ein Sommer ist. „Wenn es draußen 25 Grad hat, sind es hier drin 30. Das ist ideal!“
Salut Backwaren, Schlesische Straße 1 in Kreuzberg. 24 Stunden geöffnet.

HEISS GETANZT. In drei Tagen 50 Zentimeter gewachsen, das muss man Dendrocalamus giganteus erst mal nachmachen. Zwischen dem 19. und dem 22. September 2011 wuchs der in Südostasien beheimatete Riesenbambus von 1,20 auf 1,70 Meter, und dann ging es stramm weiter. Bei 3,75 Meter endet die Messlatte, an dem sich der Fortschritt ablesen ließ, dem Monstergewächs war das noch immer nicht genug. Das mag am tropischen Klima liegen, das so ein Bambus in einem als Großes Tropenhaus getauften Bauwerk wohl auch erwarten darf. Eine Orgie in Grün umfängt den Besucher, der vielleicht gerade im deutlich kühleren Mittelmeerhaus im Angesicht einer Dattelpalme von Kretas Frühling träumte und ein paar Schritte weiter durch wildes Dschungelgewucher schlendert, vorbei an Riesenfarnen, Lianen und allerlei Pflanzlichem, von dem man nie zuvor gehört hat.

Einen kleinen Teich mit golden schimmernden Bewohnern gibt es auch, und eigentlich fehlt zur perfekten Illusion jetzt nur ein Tiger, der brüllend durch Unterholz bricht, auch eine sich aus dem Geäst herabringelnde Schlange wäre nicht schlecht – na, dann würde einem vielleicht doch zu warm. Aber man kommt auch so ins Schwitzen, zumal bei den heißen Rhythmen der Tropischen Nächte, zu denen der Botanische Garten an den vier kommenden Wochenenden in seine illuminierten Gewächshäuser lädt. Neben allerlei Cocktails wird auch Kokoswasser aus frischen Kokosnüssen serviert, Letztere allerdings nicht aus eigenem Anbau.

Botanischer Garten, täglich geöffnet, im Januar von 9 bis 16 Uhr. Die Tropischen Nächte finden jeweils freitags und sonnabends zwischen 18 und 24 Uhr statt, erstmals an diesem Freitag.

HEISS GESCHLAFEN. Auf einen richtigen Südseesonnenuntergang wartet man im Tropical Islands vergebens, die Techniker dimmen einfach irgendwann die Scheinwerfer unter der Hallendecke. Trotzdem empfiehlt sich ein Besuch der Tropenlandschaft 50 Kilometer südlich von Berlin vor allem abends: weil die meisten Gäste dann fort sind und man Regenwald, breiten Sandstrand und die Schwimmbecken quasi für sich allein hat. Der Wasserfall wird angestrahlt, die Pools sind beleuchtet, und weil die Luft hier auch nachts 26 Grad warm bleibt, braucht man sich nicht mal eines der Zelte zu mieten, sondern kann sich nach Mitternacht einfach in den Sand legen und eindösen. Ein Naturerlebnis ist das nicht – aber die wohligste, entspannendste Realitätsflucht, die man sich vorstellen kann.

Die Halle ist rund um die Uhr geöffnet. In der Tropical-Islands-Allee 1, 15910 Krausnick. www.tropical-islands.de

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