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Wohnen in Berlin: Eiskalt erwischt

Lichtenberger Mieter bangen um Warmwasserversorgung. Der Vermieter fiel schon mehrmals negativ auf.

Ein herrliches Alpenpanorama mit Schweizer Flagge, dazu das Versprechen „Wir bauen auf Substanz und Sicherheit“ – so wirbt der Immobilieninvestor Palu Suisse auf seiner Homepage. Die Substanz im Mietshaus Ruschestraße 2, direkt gegenüber dem ehemaligen Ministerium für Staatssicherheit gelegen, erscheint hingegen angegriffen: In den Fluren bröckelt der Putz unter rissigen Blümchentapeten von den Wänden; neben vielen Wohnungstüren hängen Kabelenden, wo eigentlich Klingeln sein sollten. Vor zwei Wochen wurde im Haus das Warmwasser abgestellt, die Berliner Wasserbetriebe (BWB) drohten sogar, zum Monatsende die Wasserversorgung komplett einzustellen. Zahlungsrückstände von gut 31 000 Euro seien nicht beglichen, im Lauf des Monats würden weitere rund 26 000 fällig, teilten die BWB den Mietern am 8. Juli mit. Eigentümerin der Immobilie ist die Palu Suisse AG.

Nach Darstellung des Lichtenberger Bezirksamtes hat der Investor aus der Schweiz seine Schulden bei den BWB erst auf Druck des Bezirks bezahlt. Laut Baustadtrat Andreas Geisel (SPD) bestünden aber noch offene Forderungen des Wärmelieferanten Vattenfall. „Das Wasser wird zurzeit im Keller des Hauses eigenständig aufbereitet“, so Geisel. Eine Mieterin berichtet, seit Ende der vergangenen Woche fließe immerhin nicht mehr nur eiskaltes, sondern auch lauwarmes Wasser aus den Hähnen.

In einem Brief wandten sich die Mieter vorvergangene Woche an die Verwaltung, die in ihrem Namen Druck aufbaute. Das Bezirksamt kündigte eine Ersatzvornahme an, um die Wasserabstellung zu verhindern. Das Bezirksamt hätte die laufenden Kosten erst einmal selbst übernommen, um sie sich später per Zwangsvollstreckung von Palu Suisse zurückzuholen. Auch im Falle des Zahlungsrückstandes gegenüber Vattenfall würde der Bezirk notfalls zu diesem Mittel greifen, so Geisel. Schließlich gelte es 70 Familien zu schützen, die ihre Miete und Vorauszahlungen vollständig entrichtet hätten – teilweise direkt über das Jobcenter.

„Wir befinden uns im Konflikt mit der Palu Suisse AG, die uns schon mehrmals als problematischer Vermieter aufgefallen ist“, sagt Stadtrat Geisel. Vor einiger Zeit habe der Bezirk verhindert, dass jungen Frauen und ihren Säuglingen im Mutter-Kind-Haus an der Ebermann-Straße Wasser und Strom abgestellt wurde. Den Mietern in der Löwenberger Straße 2 sei vor einigen Monaten die Heizung abgestellt worden, weil Palu Suisse weder die Anlage in Schuss gehalten noch seine Fernwärmerechnungen bezahlt habe.

Aktuell sammeln nicht nur die Bewohner der Ruschestraße 2, sondern auch die Mieter im angrenzenden Haus Frankfurter Allee 167 schlechte Erfahrungen mit dem Eigentümer aus der Schweiz. Auch dort sei Anfang des Monats die Warmwaserversorgung gesperrt worden, berichtet Peter Riehl vom Berliner Mieterverein. Er habe sich in diesen Fall eingeschaltet, daraufhin habe ihm der Eigentümer mitgeteilt, die Versorgung zum 16. Juli wiederherzustellen, so Riehl. Der Wärmeversorger Vattenfall bestätigte dem Tagesspiegel, dass für die Ruschestraße 2 und die Frankfurter Allee 167 Zahlungsrückstände „in erheblichem Umfang“ bestünden. Im Kiez zwischen Frankfurter Allee und Ruschestraße gehören dem Unternehmen aus der Schweiz, das in Berlin eine Dependance am Potsdamer Platz unterhält, noch weitere Immobilien.

Palu Suisse gibt sich wenig auskunftsfreudig. Wie es zu den aktuellen und früheren Fällen von Zahlungsverzug kam, wollte ein Sprecher der Immobilienfirma nicht erläutern. „Keine Stellungnahme“, lautete auch die Antwort auf die meisten anderen Fragen in diesem Zusammenhang. Auch zur Frage, wie viele Immobilien in Berlin dem Investor gehören, gab es keine Angabe. Allerdings widerspricht das Unternehmen der Darstellung des Bezirks. Die Schuldentilgung gegenüber den Wasserbetrieben sei bereits in die Wege geleitet worden, bevor die Lichtenberger Verwaltung tätig geworden sei. Eine Mitteilung des Bezirks zur Wasserabstellung stimme in einigen Punkten nicht, sagte der Sprecher von Palu Suisse, ohne die Fehler konkret benennen zu wollen.

Mit Mängelaufzählungen tun sich die Mieter in der Ruschestraße auch abseits akuter Versorgungssperren leichter. Die Gegensprechanlage sei kaputt, die Entlüftungsanlage funktioniere ebenfalls nicht, berichtet eine Mieterin. „Deshalb ist überall im Haus Schimmel“, sagt die Frau. Sie will so schnell wie möglich aus ihrer Wohnung ausziehen.wek

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