zum Hauptinhalt
Comeback der Platte. Großsiedlungen am Stadtrand sind wieder angesagt, seit Altbauten im Zentrum (fast) voll vermietet sind.

© Thilo Rückeis

Wohnungsnot: Berlins Senat tritt auf die Mietenbremse

Der Berliner Senat verhandelt ein neues Konzept gegen die Wohnungsnot in Berlin mit den landeseigenen Firmen. Derweil wird ein starker Rückgang des Leerstands gemeldet - sogar in Marzahn-Hellersdorf.

Der Senat hat den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften ein neues Konzept zur Bekämpfung der Mietenexplosion vorgelegt. Demnach sollen die Mieten in landeseigenen Wohnungen auf maximal 30 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens begrenzt werden. Mieterhöhungen gelten für entsprechend belastete Haushalte dann nicht mehr. Außerdem sollen die kommunalen Unternehmen in Zukunft jede zweite Wohnung, die neu vermietet wird, an Besitzer von Wohnberechtigungsscheinen vermieten. Schließlich sollen die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften die neuen Regeln für Mieterhöhungen übernehmen, die der Senat durch eine Bundesratsinitiative in ganz Deutschland durchsetzen will. Diese sieht vor, dass die Mieten nur noch um 15 Prozent innerhalb von vier Jahren erhöht werden dürfen, statt bisher um 20 Prozent innerhalb von drei Jahren. Die Modernisierungsumlage soll von derzeit elf auf neun Prozent gesenkt werden.

Video: Was die Berliner über die steigenden Mietpreise denken

Die neuen Instrumente im Kampf gegen die Wohnungsnot wurden dem Vernehmen nach mit dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) abgestimmt. Unter Federführung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung wurden sie am Donnerstagabend den Vorständen der landeseigenen Unternehmen vorgestellt. Der ebenfalls anwesende Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD) hat allerdings, wie zu hören war, Bedenken angemeldet und verlangt, dass die Unternehmen die Kosten dieser mietendämpfenden Maßnahmen beziffern. Nußbaum und Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) hatten in den vergangenen Wochen hart um eine Einigung in der Mietenpolitik gerungen. Der Finanzsenator fürchtet, dass die Kosten einer sozialen Mietenpolitik nicht mit der Schuldenbremse im Haushalt zu vereinbaren sind. Die landeseigenen Unternehmen sollen nun innerhalb der nächsten Tage die Einnahmeeinbußen errechnen, die diese Regelungen bringen werden.

Die hohe Nachfrage auf dem Berliner Wohnungsmarkt zeigt Wirkung: Die Zahl der leer stehenden Wohnungen sank innerhalb eines Jahres von drei auf 2,6 Prozent bei den Mitgliedsunternehmen des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU), die 40 Prozent aller Mietwohnungen besitzen. Und weil Familien im Zentrum keine Wohnungen mehr finden, drängen sie nun auch in die lange unbeliebten Randlagen der Stadt: In Reinickendorf und in den von Großsiedlungen geprägten Quartieren von Marzahn-Hellersdorf sank die Leerstandsquote überdurchschnittlich.

BBU-Vorstand Maren Kern sagte, dass gerade mal 5000 unsanierte Wohnungen als „Reserve“ übrig blieben, die nach der Sanierung zur Entlastung des Wohnungsmarktes angeboten werden könnten. Die meisten Wohnungen würden entweder nach dem Auszug eines Mieters renoviert oder umfassend saniert; sobald die Arbeiten abgeschlossen sind, seien diese Wohnungen in kürzester Zeit wieder vermietet. Die Nachfrage sei so groß, dass die Wohnungsunternehmen kaum Inserate schalten müssten.

Besonders nachgefragt sind sanierte Wohnungen. Mehr als eine halbe Milliarde Euro investierten die BBU-Mitglieder in die Modernisierung ihrer Immobilien, denselben Betrag in deren Instandhaltung. Neu gebaut wird kaum, 93 Millionen Euro wendeten die Mitglieder dafür auf. Kern begründete dies auch mit den bürokratischen Hürden in den Bezirksämtern. Fünf bis sechs Jahre ziehe sich die Bearbeitung eines Bauantrages hin. Wenn es dem Senat ernst sei mit der Förderung des Wohnungsbaus, müssten diese „Verzögerungen beim Verwaltungshandeln“ dringend behoben werden.

Der Bau neuer Wohnungen für Mietpreise von weniger als acht bis neun Euro ist Kern zufolge „ohne Anreize oder Förderungen“ nicht möglich. Die geplante kostenlose Übertragung von 14 landeseigenen Grundstücken an kommunale Wohnungsbaugesellschaften sei „ein erster richtiger Schritt“. Auch kann sich „das Gros der Mieter bei den BBU-Mitgliedern Neubaumieten von 8,50 Euro und mehr nicht leisten“, so Kern. Und weil die BBU-Unternehmen zurzeit nur wenig neue Wohnungen bauen, schrumpfe ihr „mietendämpfender Einfluss auf dem Wohnungsmarkt“.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false