zum Hauptinhalt

Berlin: Wohnungspolitik ist schon die halbe Miete

Landesparteitag der Linken diskutiert über bezahlbares Leben in der Stadt.

Die Berliner Linke hat sich am Samstag auf das Wissenschaftsgelände in Adlershof an den Stadtrand zurückgezogen. Dort sollte nicht weniger als ein kleiner Neuanfang gewagt werden – zumindest will die Parteispitze zügig damit beginnen, sich mit "konkreten Positionen" zu profilieren. Denn die nächste Wahl kommt. Und dann, gab Landeschef Klaus Lederer zu verstehen, brauche die Partei klare Positionen, um Verhandlungen mit SPD und Grünen zu führen.

Und die erste Forderung kam schneller als Lederer erwartet haben dürfte. Einige der 170 Delegierten fanden, der Antrag der Parteispitze zur Wohn- und Mietpolitik sei nicht ausreichend: Sie plädierten für ein fünfjähriges Mietenmoratorium bei den landeseigenen Wohnungsgesellschaften. Überraschend stimmte die Mehrheit des Parteitages dem zu. Die Gesamtpartei fordert nun offiziell, dass der Senat die Mieten der städtischen Wohnungen bis 2019 nicht erhöht. Für Neuvermietungen sollte der Mietspiegel die Obergrenze bilden.

Zuvor hatte Landeschef Lederer noch zur Selbstkritik ermuntert. Von einem derart deutlichem Willen zur  Selbstkritik war die Parteispitze dann aber doch irritiert, als Jens Carlberg, der Linken-Bezirkschef von Charlottenburg-Wilmersdorf, forderte: Die Linke müsse sich öffentlich dafür entschuldigen, dass unter ihrer Ägide städtische Wohnungen an Privatunternehmen verkauft und somit teurer wurden.

Gemeint waren die Privatisierungen städtischen Eigentums in der Zeit des rot-roten Senats. An die Regierungsbeteiligung im Senat von 2001 bis 2011 werden einige der Parteimitglieder inzwischen ungern erinnert: Die Linke geriet als Juniorpartner der Koalition hinter der Präsenz von Klaus Wowereit oft in Vergessenheit.

Lederer hatte in den vergangenen Tagen schon angekündigt, die Linke werde die Wohnpolitik ins Zentrum ihrer Kampagnen rücken. Neben dem fünfjährigen Moratorium sollen die städtischen Wohnungsbaugesellschaften durch 100 Millionen Euro zusätzliches Eigenkapital jährlich zum Bau bedarfsgerechter Wohnungen verpflichtet werden. Außerdem sollen die Behörden im Kampf gegen Zweckentfremdung von Wohnraum gestärkt werden. Berlin sei eine Mieterstadt und Wohnen ein Grundrecht, sagte die frühere Gesundheitssenatorin Katrin Lompscher.

Als Gast sprach Reiner Wild vom Mieterverein. Er machte darauf aufmerksam, dass bei steigenden Energiepreisen die Kaltmieten bald hinter den Heiz- und Stromkosten zurückbleiben könnten – wohlgemerkt bei ebenfalls weiter steigenden Kaltmieten. Dazu passt, dass der knapp gescheiterte Strom-Volksentscheid in Adlershof nicht als finale Niederlage im Streit um günstigere Energie für die Stadt gewertet wurde. Die Linke fordert nun eine Enquetekommission "Stadtwerk und Netzkonzessionen" einzusetzen. Diese Kommission soll ermöglichen, dass das vom Senat geplante Stadtwerk demokratisch kontrolliert werde.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false