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Berlin: Wohnungsverkäufe: Senat will Mieterrechte stutzen

Erwerber landeseigener Immobilien sollen schneller als bisher kündigen können Junge-Reyer und Sarrazin sind sich einig, doch aus der SPD kommt Widerstand

Mark Traute (Name geändert) wird der Ruhestand kräftig vermiest. Der frühere BVG-Mitarbeiter wohnt seit 1977 zur Miete bei der einst landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft GSW. Doch nun fürchtet er wie viele andere in der Tegeler Siedlung Luxusmodernisierungen und sogar eine Kündigung wegen Eigenbedarfs. Dabei sollte das ausgeschlossen werden durch Vereinbarungen zwischen dem Land und dem Käufer der GSW, dem Finanzinvestor „Cerberus“. Den umfangreichen Mieterschutz hatte der Senat sogar einmal zu seinen „Privatisierungsgrundsätzen“ erhoben. Dadurch setzten SPD und PDS die umstrittenen Verkäufe landeseigener Wohnungen gegen Widerstände im Abgeordnetenhaus und bei Mieterverbänden durch.

Von diesen Vereinbarungen wollen die GSW-Käufer und der Senat nun abrücken: Der Mieterschutz soll drastisch beschnitten werden. Dies bestätigte eine Sprecherin der Senatsbauverwaltung. So soll beispielsweise der unbefristete Schutz vor Kündigungen wegen Eigenbedarfs wegfallen und Mieter landeseigener Wohnungen sollen beim Verkauf nur zehn Jahre vor einer Kündigung sicher sein. Diese Pläne sollen bei der Senatsklausur am 27. Februar verabschiedet werden.

Die neue marktliberale Senatspolitik haben die Käufer einst landeseigener Wohnungen bereits umgesetzt. Die GSW zum Beispiel sichert ihren Mietern den Kündigungsschutz nicht mehr schriftlich zu, obwohl man sich dazu einmal verpflichtet hatte. Ein Schreiben des Rentners Mark Traute, der um eine entsprechende Ergänzung zum Mietvertrag gebeten hatte, beantwortete die GSW knapp: „Aufgrund einer Entscheidung der Geschäftsführung stellen wir keine Mietvertragsergänzungen aus“. Dabei würde laut Mieterverein nur eine solche Ergänzung Traute wirksam vor einer Kündigung schützen.

Hilfe von Seiten des Senats kann der Rentner auch nicht erwarten. Im Gegenteil: Nach Tagesspiegel-Informationen haben sich Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) und Bausenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) auf die Beschneidung des Mieterschutzes bei allen laufenden und künftigen Geschäften mit landeseigenen Wohnungsbeständen geeinigt. Brisant ist dies auch wegen der bevorstehenden Immobilienverkäufe zur Sanierung der Wohnungsbaugesellschaft Mitte.

In der SPD-Fraktion müssen die Senatoren mit Widerstand gegen ihr Vorhaben rechnen. Der Abgeordnete Stefan Zackenfels sprach sich „ausdrücklich gegen die Liberalisierung des Mieterschutzes in Berlin aus“. Dieser sei „gerade vor dem Hintergrund der Privatisierungen von besonderer Bedeutung“. Dagegen stehen die Interessen des Finanzsenators, durch die Verkäufe möglichst viel Geld für den Haushalt zu bekommen. Denn Investoren zahlen wesentlich mehr, wenn sie Wohnungen ohne Verpflichtungen gegenüber Mietern übernehmen. Dann können sie nach Belieben sanieren, umbauen, aufteilen und mit Gewinn weiterverkaufen.

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