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Berlin: Wowereit hat Mitleid: Der CDU geht’s so schlecht wie einst der SPD In den 80er Jahren konnte dem zerrütteten Landesverband

auch der Einsatz sozialdemokratischer Bundesprominenz nicht helfen

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Tränen liefen dem SPD-Landeschef Peter Ulrich über die Wangen, als er nach der Parlamentswahl im März 1985 die Niederlage seiner Partei eingestand. 32,4 Prozent – das war für die Berliner Sozialdemokraten, die mit Willy Brandt und Klaus Schütz berauschende Wahlsiege eingefahren hatten, eine Demütigung. Die Union triumphierte. Mit 46,4 Prozent verfehlte sie nur knapp die absolute Mehrheit. Bei den Wählern und an der CDU-Spitze war Eberhard Diepgen, mit 44 in den besten Jahren, unangefochten.

Von diesen Zeiten können die Christdemokraten zurzeit nur träumen. Für die Sozialdemokraten war es ein Albtraum. Wie ein Huhn ohne Kopf flatterte der SPD-Landesverband ziel- und perspektivlos durch die Weltgeschichte. Deshalb schaut der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit jetzt fast mitleidig zu, wie sich die CDU zerfleischt. „Wir haben zwanzig Jahre gebraucht, um wieder wählbar zu werden. Die Union hat noch 18 Jahre vor sich“. Anfang der Achtzigerjahre waren die SPD-Altvorderen Dietrich Stobbe (Landesvorsitzender) und Franz Ehrke (Fraktionschef) abgetreten. Die Partei hatte sich in Flügel- und persönlichen Grabenkämpfen erschöpft und suchte das Heil in sozialdemokratischer Bundesprominenz.

Hans-Jochen Vogel kam, aber diese SPD konnte auch er nicht retten. Peter Glotz wurde im Februar 1981 zum Landeschef gewählt; er hielt es nur neun Monate aus. Währenddessen führte Richard von Weizsäcker einen großstädtisch aufgemöbelten, jugendfrischen CDU-Landesverband in neue Zeiten. Wie sollte die SPD da gegenhalten? Sie schmorte vorläufig im eigenen Saft. Der ehemalige Innensenator Ulrich, ein netter und stiller Mann, musste für Glotz und Vogel in die Bresche springen und führte ziemlich erfolglos Partei und Fraktion. Für die Wahl 1985 wurde der ehemalige Bundesverteidigungsminister Hans Apel aus Bonn nach Berlin beordert. Der SPD-Wahlkampf mit ihm war kurz und peinlich. Der Hanseat Apel passte nicht zu Berlin – und Berlin passte nicht zu Apel. In Erinnerung blieb, dass die Ehefrau bei jeder Parteiveranstaltung Pullover strickend in der letzten Reihe saß.

Nach diesem Desaster bekam die Parteilinke Oberwasser. Walter Momper schob sich an die Spitze der Fraktion und der ehemalige Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium, Jürgen Egert, wurde zum SPD-Landesvorsitzenden gekürt. Ein halbes Jahr später trat er aus gesundheitlichen Gründen zurück und Momper füllte auch diese Lücke. Auf den überraschenden Wahlsieg 1989 waren die Sozialdemokraten trotzdem nicht vorbereitet. Sie hatten zwar begonnen, sich um den dringend notwendigen innerparteilichen Generationswechsel zu kümmern, doch den Herausforderungen der Regierungsarbeit und der historischen Zäsur des Mauerfalls waren sie nicht gewachsen.

Und so war die SPD Ende 1990 schon wieder der Macht enthoben. Ditmar Staffelt, jetzt Bundestagsabgeordneter, warf als Landes- und Fraktionschef 1994 das Handtuch. Die SPD, inzwischen frustrierter Juniorpartner in einer großen Koalition, hatte ihn und sich selbst völlig fertig gemacht. Es folgten fünf Jahre der Stagnation mit dem Führungsduo Klaus Böger/Detlef Dzembritzki. 1999 rissen Klaus Wowereit und Peter Strieder die innerparteiliche Macht entschlossen an sich. Der Rest der Geschichte ist bekannt.

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