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Berlin: "Young Euro Classics": Jugendorchester stopfen das Klassik-Sommerloch - mit namhaften Dirigenten am Pult

Manchmal brauchen gute Ideen eben etwas länger, bis sie sich durchsetzen. Als Peter Radunski noch Kultursenator war, wurde er nicht müde, die "Auffüllung" des Sommerlochs mit kulturellen Veranstaltungen zu fordern: Gerade im August, wenn die Touristen nach Berlin strömten, sollten sie nicht vor verschlossenen Konzertsaal-Türen stehen.

Manchmal brauchen gute Ideen eben etwas länger, bis sie sich durchsetzen. Als Peter Radunski noch Kultursenator war, wurde er nicht müde, die "Auffüllung" des Sommerlochs mit kulturellen Veranstaltungen zu fordern: Gerade im August, wenn die Touristen nach Berlin strömten, sollten sie nicht vor verschlossenen Konzertsaal-Türen stehen. In diesem Hochsommer dürften klassikbegeisterte Berlin-Besucher damit keine Probleme haben. Eher schon mit der Entscheidung, welches Konzert sie sich anhören wollen. Denn in diesem August wird in Berlin fast täglich eine spannende Aufführung angeboten - und das zu Preisen, die so aussehen, als seien sie in der Sonne zusammengeschmolzen: Gerade einmal 14 Mark (ermäßigt zehn Mark) kosten die Tickets für die Philharmonie und das Konzerthaus beim "Young-Euro-Cassic"-Festival.

Hinter dem zeitgeistig-modischen Namen versteckt sich ein ganz klassisches Jugendorchester-Treffen: Vom 31. Juli bis zum 27. August kommen insgesamt 20 nationale Nachwuchsensembles nach Berlin, um hier ihre Heimatländer zu repräsentieren. Von Irland bis Italien sind fast alle europäischen Länder vertreten. Jedes Orchester reist mit einer neuen Komposition eines ihrer Landsleute im Gepäck an - und mit einem renommierten Dirigenten. Die Liste der Maestri, die mit den künftigen Musikprofis die anspruchsvollen Programme erarbeiten werden, liest sich wie das who is who der internationalen Dirigentenszene: Der Chefdirigent der Komischen Oper, Yakov Kreizberg eröffnet das Festival am 31. Juli mit dem Jeunesses Musicales Weltorchester, Pierre Boulez wird das Gustav Mahler Jugendorchester leiten, Jesus Lopez Cobos kommt mit dem Orchestre Français des Jeunes, Gerd Albrecht mit dem Bundesjugendorchester - und so weiter bis zum letzten Abend, der den Berlinern ein Wiedersehen mit dem ehemaligen DSO-Chef Vladimir Ashkenazy beschert: Er hat sich mit dem European Union Youth Orchestra Mahlers "Auferstehungssinfonie" vorgenommen.

Entstanden ist die Idee zu dem außergewöhnlichen Festival übrigens fast zufällig. Ein paar Freunde saßen beim Abendessen zusammen, als jemand vorschlug, es wäre doch toll, einmal im Sommer Jugendorchester aus ganz Europa nach Berlin zu holen. Die Idee wurde zum Projekt: BMW und die Klassenlotterie ließen sich als Hauptsponsoren gewinnen, der Hauptstadtkulturfonds von Michael Naumann wurde angezapft, die Berliner Festspiele halfen mit Know-how und verlegten ihre Kammermusikreihe "Berliner Begegnungen", die sonst während der herbstlichen Festwochen stattfinden, in den August. Schließlich hat es sich auch die von Claudio Abbado und Natalia Gutman initiierte Reihe zum Ziel gesetzt, junge Nachwuchsprofis mit erfahrenen Kollegen zusammenzubringen.

Damit die Jugendorchester während des Festivals wiedererkennbar bleiben, hat der Zeichner Steffen Haas den "Vio" erfunden. "Vio" ist eine sympatische Geige, die sich mit behandschuhten Künstlerfingern selber zum Klingen bringt, und sich in allen europäischen Ländern sichtbar wohlfühlt: Ob im Schottenrock, mit Hollandtulpe oder Norwegerpulli, "Vio" überwindet die Grenzen im wahrsten Wortsinn spielend. Nur der deutsche Vio lässt den Betrachter einen Moment lang zögern: Hat der kleine Kerl da tatsächlich einen Fußball als nationales Erkennungsmerkmal unterm Schuh? Vielleicht sollte das mal jemand den Jungs von Erich Ribbeck sagen. Von den Leistungen der National-Elf hängt es ab, ob die deutschen Teilnehmer des "Young Euro Classic"-Festivals ihren Mitspielern im August noch gelassen ins Gesicht sehen können! Womöglich hilft das ja sogar etwas bei der Europameisterschaft...

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