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Berlin: Zahlenspiel

Gülay Basgöl entwirft Kleider, die wirklich passen sollen.

Eigentlich sollte aus Gülay Basgöl eine Wirtschaftinformatikerin werden. „Das mit den Zahlen fiel mir schon immer leicht“, sagt sie – so leicht, dass sie sich in den Vorlesungen langweilte. Jetzt verkauft sie Kleider und findet, dass das der beste Job der Welt ist. Ihre Eltern kamen Ende der sechziger Jahre nach Deutschland, ihr Vater arbeitete bei Mercedes-Benz: „Sie waren ganz normale Gastarbeiter.“ Gülay Basgöl wurde 1971 in Berlin geboren. „Schon als Kind haben mich Modenschauen im Fernsehen glücklich gemacht“, erzählt sie. Ihre Mutter hatte eine ausladende Figur und ließ ihre Kleider in der Türkei nähen, weil anderes einfach nicht passte. „Meine Mutter war eine Inspiration.“

Aber Basgöls Eltern hatten sich so gewünscht, dass aus ihr einmal etwas Vernünftiges wird, am besten Ärztin oder Rechtsanwältin. Heute ist sie froh, dass ihnen Bildung wichtiger war, als ihre Tochter gut zu verheiraten. Und da sie alles mit Zahlen konnte, stand fest, Gülay wird Naturwissenschaftlerin. Neben ihrem Studium arbeitete sie in Boutiquen, und merkte: Den meisten Frauen passen Kleider von der Stange nicht.

Und weil das mit dem Kalkulieren bei ihr so gut hinhaut, hat sie genau angeschaut, wie die Körper der Frauen beschaffen sind. Und sie hat festgestellt, dass die wenigsten von oben bis unten eine Größe haben. „Vielen Frauen passt oben herum 38 und unten 42, wie soll das funktionieren?“

Also hat Gülay Basgöl Kleider für verschiedene Figuren von Größe 34 bis 46 entwickelt. Saisons und Trends interessieren sie nicht, sie macht, was sie für sinnvoll hält und was sich in ihrem kleinen Laden verkauft. Ihre Kleider bedecken Knie und Oberarme, mal hat ein Ärmel einen Schlitz an der Schulter, durch den man ein wenig Haut sehen kann.

Seit ein paar Wochen hängen nun endlich ihre ersten eigenen Entwürfe in den mit Stuck verzierten Ladenräumen. Wenn eine Kundin den Laden betritt, weiß Gülay Basgöl sofort, welche Figur sie vor sich hat. Im Gegensatz zu ihren Kundinnen: „Die wissen oft nicht so viel über ihren Körper.“ Die Designerin zählt auf: Eine runde O-Form, die Sanduhr-Figur, die H-Figur und die V-Figur. Für alle hat sie Kleider, meist in gedeckten Farben, viele einfarbig, ein paar mit Muster.

Als sie ihren Laden vor drei Jahren erst mal mit fremder Ware eröffnete, wollte sie testen, ob sie als Selbstständige taugt. „Mir war sofort klar, dass aus mir keine Informatikerin wird.“ Sie hatte mit Programmieren viel Geld verdient, „aber wenn jemand mit einem Lächeln aus meinem Laden geht, gibt mir das einen richtigen Kick“. Grit Thönnissen

Sisters, Barbarossastr. 5, Schöneberg

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