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Berlin: Zaun der guten Hoffnung: An einer Treptower Absperrung sammeln sich Wunschzettel

Eigentlich sollte der Reisig-Zaun Distanz schaffen - aber es kam ganz anders. Als Maria aus dem Wagendorf an der Lohmühlenstraße vor ein paar Wochen einen Sichtschutz baute, wollte sie sich nur vor den neugierigen Blicken der Spaziergänger schützen.

Eigentlich sollte der Reisig-Zaun Distanz schaffen - aber es kam ganz anders. Als Maria aus dem Wagendorf an der Lohmühlenstraße vor ein paar Wochen einen Sichtschutz baute, wollte sie sich nur vor den neugierigen Blicken der Spaziergänger schützen. "Die Leute haben in meinen Wagen gestarrt", sagt die 35-jährige Schuhdesignerin. Doch weil der Reisig-Zaun dann ziemlich abweisend aussah, gab Maria den Passanten noch eine Botschaft mit auf den Weg: Mit dickem Filzstift schrieb sie auf einen Zettel: "Ich wünsche mir, dass sich die Menschen respektieren und akzeptieren." Und dann passierte etwas Verblüffendes. Schon am nächsten Tag hingen viele neue Zettel an den Zweigen. Inzwischen flattern Hunderte Blätter im Wind, beschrieben mit Hoffnungen, Sehnsüchten und Träumen. "Ich wünsche mir Liebe." "Ich wünsche mir viele Freunde." "Ich wünsche mir Frieden auf der Welt." "Ich wünsche mir, dass wir glücklich sind." Maria ist begeistert. "Mein Zaun wurde zu einem Ort der Kommunikation." Die Menschen bleiben stehen, lesen, kommen miteinander ins Gespräch oder greifen selbst zu den kleinen, von ihr zurechtgeschnittenen Folien und notieren ihre Gedanken. Es fällt auf, dass die meisten Wünsche ideeller Art sind. Und Maria ist davon überzeugt, die kleinen Notizen gehen auch in Erfüllung. "Wer seinen Wunsch formuliert, kommt ihm schon ein großes Stück näher", sagt sie. Wahrscheinlich hat deshalb auch Dorfbewohner Sascha einen Zettel beschrieben und seine Hoffnung auf einen guten Studienabschluss verewigt. Er fühle sich dadurch motiviert. Maria betrachtet jetzt jeden Tag den Zaun ganz genau und entdeckt immer wieder neue Sprüche. Manchmal hebt sie heruntergefallene Folien auf, ein andermal legt sie leere "Blätter" auf den Stuhl, über dem ein Pappschild mit der Aufschrift "Wünsch Dir was" hängt. Und sie überlegt, was einmal aus den vielen Schriftstücken wird. "Vielleicht nehme ich sie irgendwann ab und zeige sie in unserem Ausstellungswagen." Von einem Treptower Spaziergänger erfuhr sie, dass er einen ähnlichen Wunschbaum in ein Projekt für Jugendliche integrieren möchte. Nicht nur Maria, sondern auch die anderen 19 Wagenburgler hatten in den letzten Wochen das Gefühl, Nachbarn und Spaziergänger bringen ihnen mehr Akzeptanz entgegen. "Viele haben gemerkt, dass wir nicht irgendwelche Wilden sind." Während sie das erzählt, schreibt eine junge Frau "Ich akzeptiere Euch und wünsche mir das auch von anderen" auf einen Zettel und befestigt ihn am Reisig.

bey

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