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© Thilo Rückeis

Zehlendorf: Aufstand gegen ein Einkaufszentrum

Ein Investor will in Zehlendorf mehrere Häuser abreißen und 60 Läden ansiedeln. Das missfällt nicht nur den Anwohnern.

Niemand findet die Häuser rund um die Ecke Clayallee / Berliner Straße in Zehlendorf-Mitte sonderlich attraktiv – doch ein Shoppingcenter mit 60 Läden wünschen sich Anwohner, Händler und Kunden dort erst recht nicht. Das zeigte am Donnerstagabend eine Diskussion in der gegenüberliegenden Alten Dorfkirche mit rund 120 Teilnehmern. Zehlendorf sei „kleinteilig“ und idyllisch, brachten Bürger die Stimmung auf den Punkt. Einen Ableger des Steglitzer Schloss-Centers „vermissen wir nicht“.

Anders sieht es Harald G. Huth, der das Steglitzer „Schloss“ und die Gropius-Passagen in Neukölln gebaut hat. Er will alle Häuser zwischen der AOK in der Clayallee und dem China-Restaurant gegenüber von Woolworth in der Berliner Straße kaufen und abreißen – mit Ausnahme des weißen Baudenkmals Clayallee 354. Huth plant ein Einkaufszentrum mit „italienischem Flair“ und 13 000 Quadratmetern Verkaufsfläche, 380 Tiefgaragenplätze sowie Büros und Wohnungen.

„Deutlich zu groß“ nannte dies der Steglitz-Zehlendorfer Baustadtrat Uwe Stäglin (SPD). Laut Planungsrecht dürfe die Verkaufsfläche höchstens 5000 Quadratmeter betragen. Zudem seien die 25 000 Quadratmeter Handelsfläche, die dem Senat als verträglich gelten, bereits erreicht: Durch die neue „Zehlendorfer Welle“ an der Stelle des ehemaligen Stadtbads in der Clayallee seien Läden mit zusammen 6000 Quadratmeter Fläche hinzugekommen, darunter Saturn und C&A.

Skeptisch zeigte sich auch Thomas Herrmann, Chef des Optikerhauses Obenaus am Teltower Damm und Vorsitzender des Vereins „Zehlendorf-Mitte- Marketing“. Ein Center bedrohe die kleinen und mittelständischen Läden, deren Stärken „gute Beratung und das Vertrauen der Kunden“ seien. Schon die „Zehlendorfer Welle“ sei am Bürgerwillen vorbei geplant worden, kritisierte Angela Grützmann vom Heimatverein Zehlendorf, der gemeinsam mit dem Kirchenkreis zur Diskussion eingeladen hatte. Weder das öffentlich zugängliche, aber zu flache Schwimmbecken noch die Läden würden gut angenommen. Noch ist über die neuen Pläne nicht entschieden, dem Bezirk liegt bisher kein Bauantrag vor. Laut Vereinschef Herrmann hat Huth auch noch keines der Häuser erworben, die privaten Eigentümern gehören. Für einen Teil der Gebäude, die Cafés, Restaurants, Banken und Läden beherbergen, soll er jedoch eine Kaufoption besitzen. Huth war nicht zur Diskussion gekommen und am Freitag nicht erreichbar. Vor kurzem argumentierte er, Zehlendorf müsse sich gegen die Konkurrenz des Potsdamer Stern-Centers wappnen, das bald erweitert werde.

Stadtrat Stäglin sieht einen möglichen Kompromiss darin, weniger Läden, aber dafür ein Hotel zu bauen – denn daran mangele es in Zehlendorf. In der Bezirksverordnetenversammlung sieht er „noch keine klare Mehrheit für oder gegen das Projekt“. Jetzt werde sich der Stadtplanungsausschuss damit beschäftigen. Bisher hatten Bezirk und Senat ein großes Einkaufszentrum in Zehlendorf stets abgelehnt. Daran scheiterte vor Jahren die ECE-Gruppe, die das einstige BVG-Busdepot Winfriedstraße zum Center machen wollte. Stattdessen steht dort heute eine Seniorenwohnanlage.

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