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Berlin: Zehlendorf: Investoren sind unerwünscht

Die Unruhe der Leute vor dem Gemeindesaal in der Andréezeile 23 am Mittwochabend ist groß. Der Heimatverein hat eingeladen zur Diskussion "Was geschieht mit dem Ladiusmarkt?

Die Unruhe der Leute vor dem Gemeindesaal in der Andréezeile 23 am Mittwochabend ist groß. Der Heimatverein hat eingeladen zur Diskussion "Was geschieht mit dem Ladiusmarkt?" Viele sind gekommen. Auf dem Podium sitzen Baustadtrat Ralf Körner (CDU) und Jürgen Klemann, einst Zehlendorfer Bürgermeister (CDU), dann Bausenator und nun Vorstandsmitglied der Gehag. Die Wohnungsbaugesellschaft erwägt, das eigentlich namenlose Areal an der Ladiusstraße Ecke Andréezeile zu kaufen und zu bebauen.

Herumliegender Müll, Vandalismus und Verwahrlosung brachten den Ladiusmarkt in den vergangenen Jahren in die Schlagzeilen. Mit dem leicht maroden Charme der Anlage könnte es nun bald vorbei sein. Der Bezirk hat den Markthändlern zum Jahresende gekündigt. Die Suche nach einem Investor - Baupläne liegen seit Jahren in der Schublade - könnte mit der Gehag ihr Ende gefunden haben. Doch die meisten Bewohner wollen gar keinen Investor. Sie wollen keinen Neubau. Sie wollen, dass alles so bleibt, wie es seit 30 Jahren ist, nur ordentlicher.

Des Stadtrats vollmundige, stadtplanerische Vokabeln von "Versteppung des Platzes" und "Gegensteuern, um die Aufenthaltsqualität zu verbessern" gehen an den Bürgern vorbei. Die Bierdosen sollen nicht mehr herumliegen, und die Händler sollen bleiben - so könnte man die Stimmung zusammenfassen. Unter der von Körner angestrebten "baulichen Einfassung des Platzes" kann sich kaum einer etwas vorstellen. Und der zu schaffende "kommunikative Kieztreffpunkt" existiert nach Ansicht der Bewohner längst.

"Man könnte ein Mischgebiet schaffen", sagt Klemann vage - Lieblingswort der Projektentwickler. Seine "Aufwertung mit Bodenhaftung" sieht vor, die bestehende, flache Ladenzeile zu "modernisieren" und zu diesem Zweck erstmal abzureißen, um höher zu bauen. "Darüber könnten Arzt- und Massagepraxen einziehen", schlägt Klemann vor - und erntet höhnisches Gelächter. "Wie soll man mit Steinen Kommunikation schaffen?", fragt ein Mann aus dem Publikum. Mit schönmalerischen Konzepten kann den Leuten in Zehlendorf Süd keiner kommen. Hier, wo viele Sozialhilfeempfänger und Arbeitslose leben, fürchtet man Mieterhöhungen. Klemann verspricht zwar, dass die Miete auch für die Gewerbeleute "bezahlbar" bleibt und dass niemand vertrieben wird, aber viel Spielraum hätte die Gehag ohnehin nicht angesichts des Wohnungsleerstands in der Umgebung.

Die Vorschläge aus dem Publikum für den Ladiusmarkt sind bescheiden: mehr Sitzbänke statt einer Überdachung, neue Fahrradständer statt neuer Wohnungen, Erhaltung des Alten statt Vergrößerung der Marktfläche. Ob überhaupt in absehbarer Zeit gebaut wird, ist ungewiss. Die Gehag zumindest fasst das Projekt mit spitzen Fingern an. Nur in einem Punkt kann Körner die aufgebrachte Menge beruhigen: Die Markthändler erhalten in jedem Fall während der Bauarbeiten einen Ersatzstandort, wahrscheinlich auf der Fahrbahn der Ladiusstraße.

kört

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