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Berlin: Zehn Euro können Leben retten

Am Wochenende starben bei Bränden zwei alte Menschen. Rauchmelder hätten das verhindern können. Die Feuerwehr beklagt, dass auch viele Pflegeeinrichtungen unzureichend gegen Feuer gesichert sind

Ein Nickerchen und eine glimmende Zigarette reichen. Oder eine umgefallene Kerze. Oder ein vergessener Adventskranz. Und schon kann sich ein Schwelbrand entwickeln. Auch wenn das Feuer meist nur geringen Schaden verursacht, manchmal sogar von selbst erlischt, kann der entstehende Rauch tödlich sein. Senioren, ob in ihrer eigenen Wohnung oder auch im Pflegeheim, seien da „höchst gefährdet“. So formuliert es Frieder Kircher von der Berliner Feuerwehr. Etwa jeder zweite Brandtote ist ein alter Mensch, sagt der Experte für Brandsicherheit in Heimen. Beide Opfer, die am vergangenen Wochenende tot in ihren Wohnungen gefunden wurden, waren jenseits des 70. Lebensjahres: Eine 89-Jährige starb in ihrer Neuköllner Wohnung, ein 74-Jähriger in einem Kreuzberger Seniorenheim. Beide hatten in ihren Räumen keine Rauchmelder – diese hätten ihr Leben retten können.

Die Feuerwehr propagiert seit zehn Jahren den Einbau von Rauchmeldern in privaten Wohnungen. Aber leider, so heißt es bei der Feuerwehr, hätten nicht einmal alle Pflegeheime und Seniorenwohnanlagen Rauchmelder in den Zimmern oder zentrale Rauchmeldeanlagen. Das bestätigt auch die Beratungsstelle „Pflege in Not“ der Diakonie: „Rauchmelder gibt es selten, da muss dringend etwas passieren“, sagt Beraterin Dorothee Unger.

Frieder Kircher, der bei der Feuerwehr die Direktion Nord leitet, hat die Beinahe-Katastrophe im Altenheim an der Zobeltitzstraße in Reinickendorf im Jahr 2005 in Erinnerung: Dort hatte es im Zimmer einer älteren Dame gebrannt – der giftige Qualm zog dann durchs ganze Haus. 36 Senioren schwebten in Lebensgefahr, konnten erst im letzten Moment gerettet werden. Dass das kleine Feuer solche katastrophale Folgen hätte haben können, lag an fehlenden Rauchmeldern und offenstehenden Türen. In vielen Heimen werden die Brandschutztüren zwischen Fluren und Treppenhäusern mit Keilen oder Stricken offen gehalten. Denn wer im Rollstuhl sitzt oder eine Gehhilfe benötigt, kann die schweren Türen nicht alleine öffnen. Auch beim Feuer in einer Seniorenwohnanlage an der Bachstraße in Tiergarten im Jahr 2003 hatten alle Türen offen gestanden. Ein Mensch war getötet worden, viele weitere schwebten damals in höchster Gefahr. Die Feuerwehr fordert deshalb, in Altenheimen Automatiktüren einzubauen, die Behinderte per Knopfdruck öffnen können.

Auch an der Bachstraße hatte es keine Rauchmelder gegeben. Die Wohnungbaugesellschaft, der beide Häuser gehörten, ließ damals mitteilen, dass „alle Vorschriften eingehalten“ worden seien. Die CDU hatte daraufhin im Parlament den Antrag gestellt, zumindest in öffentlichen Einrichtungen wie Kitas und Pflegeheimen Rauchmelder vorzuschreiben. Die Rot-Rote Koalition hatte das jedoch abgelehnt. Bausenatorin Ingeborg Junge-Reyer teilte zuletzt im Januar 2007 mit, dass Berlin auf „Freiwilligkeit“ setze.

Der Bezirk Steglitz-Zehlendorf dagegen hat aus zwei Tragödien in seinen Heimen mit zwei Toten gelernt und alle bezirkseigenen Heime mit Rauchmeldern nachgerüstet. Auch mehrere Bundesländer schreiben sie in Wohnungsneubauten mittlerweile vor. Die Geräte kosten maximal zehn Euro und werden unter die Decke geschraubt oder geklebt. Sie warnen mit einem durchdringenden Heulton vor Rauch. Noch besser sind Melder, die den Alarm an eine Zentrale weiterleiten. Das Rote Kreuz bietet in diesem Zusammenhang das System „Hausnotruf“ an. An diesen Funk-Alarmknopf, mit dem Senioren Hilfe holen können, sind Rauchmelder anschließbar.

Etwa 90 Prozent der Menschen, die bei Bränden ums Leben kommen, sterben durch Rauch, nicht durch Flammen – und das oft im Schlaf. Der Melder schlägt an, bevor das giftige Gas wirkt. Besonders wichtig seien diese Lebensretter für alte Menschen, sagt Feuerwehr-Experte Kircher. Moderne Pflegeeinrichtungen haben deren Bedeutung erkannt. So wirbt die „Nova Vita Residenz“ am Wilmersdorfer Hohenzollerndamm in Prospekten, dass „Rauchmelder in allen Wohnungen installiert“ seien. Kircher berichtet von einem Projekt der britischen Feuerwehr: Sie habe bei Rentnern in bestimmten Gebieten spendenfinanzierte Rauchmelder eingebaut.

Als Lebensretter erwiesen sich die kleinen Geräte an der Decke Ende Oktober in einem Pflegeheim bei Bonn. Dessen dritte Etage stand in Flammen, alle Bewohner wurden gerettet. Eine Lokalzeitung zitierte den Einsatzleiter mit den Worten: „Im Haus gab es Rauchmelder. Das brachte uns wertvolle Minuten.“

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