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Berlin: Zehn Fragen zu zehn Euro

Rettungsstellen immer und Arbeitsunfall nie: Wann ist die Praxisgebühr fällig und wann nicht?

Seit dem 1. Januar gilt das Gesundheitsreformgesetz. Die Reform belastet besonders die Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen: Praxisgebühr, mehr Zuzahlungen und mehr Bürokratie. Und noch immer herrscht einige Unklarheit über einzelne Regelungen des Gesetzes. Der Tagesspiegel beantwortet weitere Fragen zur Praxisgebühr:

Wer muss die Praxisgebühr zahlen?

Grundsätzlich jeder Versicherte einer gesetzlichen Krankenkasse. Auch Sozialhilfeempfänger, Auszubildende und Studenten. Ausgenommen davon sind Kinder bis 18 Jahren. Für Praxisgebühren und die weiteren Zuzahlungen zum Beispiel für Medikamente und Heilmittel gilt eine Obergrenze von zwei Prozent des Jahresbruttoeinkommens, bei chronisch Kranken bis zu einem Prozent. Der Versicherte sollte also die entsprechenden Quittungen sammeln und bei Überschreiten der Belastungsgrenze einen Befreiungsantrag bei seiner Krankenkasse stellen. Diese gilt nur für den Rest des Jahres.

Wann ist die Praxisgebühr fällig?

Beim ersten Arztbesuch im neuen Quartal. Mit einer Überweisung zu anderen Ärzten sind diese Besuche dann zuzahlungsfrei. Auch der erste Zahnarztbesuch im Quartal muss bezahlt werden, denn Überweisungen zum Zahnarzt gibt es nicht.

Welcher Arzt kann überweisen?

Grundsätzlich jeder, außer Zahnärzte. Der Hausarzt kann beispielsweise zum Urologen überweisen oder auch zum Psychotherapeuten. Ein Psychotherapeut kann jedoch nicht an andere Ärzte überweisen. Wurde bei ihm die Praxisgebühr entrichtet, dann gilt die Quittung als Beleg. Überweisungen sind das ganze Quartal gültig.

Wann ist die Praxisgebühr beim Zahnarzt fällig?

Prinzipiell gelten beim Zahnarzt die gleichen Bestimmungen: Beim ersten Zahnarztbesuch ist die Gebühr fällig. Ausnahmen: die jährliche Kontrolluntersuchung für das Bonusheft. Doch entdeckt der Arzt dabei ein Loch und behandelt es, dann müssen die zehn Euro trotzdem gezahlt werden. So jedenfalls die derzeitige Rechtslage. Im Laufe dieser Woche verhandeln Kassen und Zahnärzte noch einmal darüber. Eventuell bleibt dann die Behandlung im Rahmen der Kontrolluntersuchung gebührenfrei.

Wird die Praxisgebühr fällig, wenn man nur einen Überweisungsschein abholt?

Ja. Der Arzt, der im Quartal als erstes aufgesucht wird, muss die Praxisgebühr kassieren, auch wenn er nur ein Rezept oder eine Überweisung schreibt – in diesem Fall muss er den Patienten nicht vorher untersuchen. Weitere Überweisungen bleiben kostenfrei.

Muss auch bei telefonischen Beratungen gezahlt werden?

Ja, wenn der Anruf beim Arzt der erste Medizinerkontakt im Quartal ist. Entweder der Versicherte kommt danach in die Praxis und zahlt persönlich oder der Arzt schickt ihm eine Rechnung.

Was passiert, wenn man kein Geld für den Arztbesuch dabei hat?

Wer bei einem Arztbesuch nicht bezahlen kann, der muss vom Mediziner abgewiesen werden. So will es das Gesetz. Notfälle aber darf der Arzt nicht abweisen. Hier kann er eine Rechnung schicken und die nachträgliche Begleichung der Gebühr fordern. Ähnlich gehen auch die meisten Rettungsstellen der Kliniken vor: Sie schicken eine Rechnung.

Was passiert, wenn sich die Behandlung einer Krankheit ins nächste Quartal zieht?

Dauert eine Behandlung bis in das nachfolgende Quartal, ist die Praxisgebühr nochmals fällig.

Muss die Praxisgebühr auch bei Notfallbehandlungen gezahlt werden?

Ja – und unter Umständen sogar öfter, als die „normalen“ Arztbesuche. Jedesmal, wenn ein Kranker den ärztlichen Bereitschaftsdienst der KV in Anspruch nimmt oder die Rettungsstelle einer Klinik zur ambulanten Behandlung aufsucht, muss er die zehn Euro zahlen. Auch wenn dies öfter als einmal im Quartal nötig wird. Muss die Behandlung danach ambulant bei einem anderen Arzt fortgesetzt werden, entfällt bei diesem die Gebühr. Aber nur dann. Ein weiterer Besuch beim Arzt wegen einer anderen Erkrankung im gleichen Quartal kostet noch mal die Praxisgebühr.

Wann wird ohne Gebühr behandelt?

Bei Schutzimpfungen, bei den üblichen von den Krankenkassen anerkannten Vorsorgeuntersuchungen zum Beispiel zur Krebsfrüherkennung, bei den jährlichen Kontrollen des Zahnarztes und auch bei der Schwangerenbetreuung. Auch wer nach einem Arbeitsunfall zum Arzt muss, ist von der Praxisgebühr befreit. Das gilt auch für die Behandlung und Rehabilitation von Berufskrankheiten, wenn die gesetzliche Unfallversicherung die Kosten trägt. I.B.

Weitere Informationen im Internet:

www.die-gesundheitsreform.de

www.kvberlin.de (Dort finden Sie auch einen Link zu einer Liste mit 83 Fallbeispielen, wann die Praxisgebühr fällig ist oder nicht.)

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