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Berlin: Zementfabrikant auf Staatsbesuch

Ahmed Kurei, der neue palästinensische Ministerpräsident, trifft sich auf seiner ersten Europareise auch mit Rau und Schröder

Im Zimmer des Ministerpräsidenten riecht’s nach Erdbeeren, denn auf dem Tischchen vor ihm steht ein meterhohes Obstgebirge. Nicht, dass Ahmed Kurei Interesse daran hätte, was das Hotel Interconti ihm da Spektakuläres serviert, ebenso wenig wie an den staatsgasttypischen Edelpralinen in jedem Regal. Davon nascht heute nur die Entourage, ein ganzer Schwarm von schnurrbärtigen Beratern, elegant in Dunkelblau, die beim Interview dabei bleiben dürfen, knuspernd und flüsternd. Der Staatsmann selbst hat’s eilig. Gleich muss er zu Johannes Rau.

Ahmed Kurei ist der neueste Ministerpräsident der Welt. Erst Anfang September 2003 war er gewählt worden, und dies ist seine erste Europareise. Letzte Woche war er beim Papst, dann ein Tag zu Hause. Gestern traf er den Bundespräsidenten, heute hat Kanzler Schröder zum Gespräch geladen. Selten hatte einer seiner Gäste ein so wechselhaftes Leben vorzuweisen.

Schon bevor Kurei zum Ministerpräsidenten befördert wurde, hat er lange in der „Fatah“, einem Flügel innerhalb der PLO, mitgearbeitet. 1968 hatte er seine Bankerkarriere aufgegeben, damals 30 Jahre alt. Mit 46 war er Chef der Wirtschaftsabteilung der PLO, die zu jener Zeit noch vom Exil aus agierte.

Trotz PLO-Karriere ist Kurei dennoch kein Radikaler, er ist gemäßigt, ein Reformer. An den Friedensverhandlungen mit Israel war er von Anfang an beteiligt. Seit 1994 lebt Ahmed Kurei wieder in seiner Heimat. Privat ist er Zementfabrikant geworden und politisch zuerst Minister, später Parlamentspräsident. Fünf Kinder hat er, einen Spitznamen – Abu Ala – und auch Humor; so heißt es zumindest. Aber ob man ihn auch fragen darf, ob’s stimmt, das Gerücht, dass sein Zement auch im israelischen Trennungszaun drin ist? Lieber nicht, da können die Erdbeeren noch so gut duften. Und jetzt muss der Ministerpräsident auch wirklich los, zum Schloss Bellevue. rcf

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