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Gelöbnis

© dpa

Zeremonie: Ein demonstratives Gelöbnis

Zum ersten Mal fand das Gelöbnis der Bundeswehr vor dem Reichstagsgebäude statt. Mit dabei waren 500 Rekruten - sowie 1800 Polizisten und 200 Militärgegner. Sieben Menschen wurden festgenommen.

Die Bundeswehr hat wohl einen Pakt mit dem Wettergott. Das Gelöbnis begann, der Nieselregen war vorbei und plötzlich schien die Abendsonne auf den Reichstag, vor dem erstmals die feierliche Zeremonie stattfand. Und dann waren da noch 1800 Polizisten, die aufpassten, dass kein Krakeeler in den Sperrbezirk gelangten. So war es eine perfekte Premiere für diesen Ort. Vor 1900 Ehrengäste gelobten 500 Rekruten um 20.10 Uhr, "der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen".

Nur ganz leise, aber doch deutlicher als in den vergangenen Jahren, war der Lärm der Gegendemonstranten bis zum Appellplatz zu hören. Die Polizei hatte diese Kundgebung auf der 600 Meter entfernten Ebertstraße zugelassen. Nachdem die Militärgegner um 20.10 Uhr - also im feierlichsten Moment – verbotenes Sirenengeheul abspielten, schritt die Polizei ein und schaltete deren Lautsprecher aus. Dabei kam es zu Rangeleien, sieben Personen wurden festgenommen.

"Die Kundgebung war wohl zu dicht dra", sagte ein Polizeiführer am Abend selbstkritisch. "Wir hatten Glück, dass es nur 200 Störer waren", sagte der leitende Beamte, "wären 1000 oder mehr gekommen, hätten sie die Feier massiv beeinträchtigen können". Sollte es erneut ein Gelöbnis am Reichstag geben, würde die Gegendemo nicht noch einmal in dieser Entfernung zugelassen. "Die wollten einfach nur stören", sagte der hochrangige Beamte.

Genau das hatten die Kriegsgegner im Internet auch angekündigt. Doch statt der 1000 vom Bündnis "Gelöbnix" erhofften Leute kamen nur 200. Nach Mai 1996 (Schloss Charlottenburg) und 1998 (Rotes Rathaus) war es erst das dritte Gelöbnis, das auf öffentlichen Plätzen stattfand. Bei beiden zuvor hatte es krawallartige Proteste gegeben. 1999 hatte dann der damalige Verteidigungsminister Rudolf Scharping entschieden, dass künftig jeweils am 20. Juli ein öffentliches Gelöbnis stattfinden wird, und zwar am Bendlerblock, heute Sitz des Verteidigungsministeriums. Dort waren am 20. Juli 1944 die Hitlerattentäter erschossen worden.

Dieses Jahr hatte die Bundeswehr einen anderen Ort gesucht, da neben dem Bendlerblock das Soldatendenkmal gebaut werden soll – da hätten wiederum die Bagger gestört. Verteidigungsminister Franz Josef Jung hatte dann den Platz der Republik vorgeschlagen.

Berlin war auf der Ehrentribüne durch Innensenator Ehrhart Körting (SPD)vertreten. Der eigentliche Vertreter des urlaubenden Regierenden Bürgermeisters, Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke), hatte es vorgezogen, eine Modemesse zu besuchen – vornehmlich wohl, um innerparteilichem Streit zu entgehen. Denn die Demonstration war von seinen Parteifreunden angemeldet worden. Der Europaabgeordnete Tobias Pflüger von den "Linken" hatte zu Beginn der Demo gar "die Auflösung der Bundeswehr" gefordert.

Mittags machte die Polizei ernst. Hunderte Absperrgitter wurden aufgestellt, Flatterleinen gespannt, Mannschaftswagen fuhren auf. Zur Verblüffung hunderter Touristen begannen Einheiten der Bereitschaftspolizei aus mehreren Bundesländern damit, den Sperrbezirk zwischen Spree und Straße des 17. Juni "leer zu machen", wie ein Polizist sagte. Freundlich, aber energisch baten seine Kollegen darum, den Platz zu räumen, "weil am Abend das Gelöbnis ist". Einfach war das nicht, denn der Kilometer zwischen Hauptbahnhof, Kanzleramt, Reichstag und Brandenburger Tor hat sich in den vergangenen Jahren zu einer der wichtigsten Touristenmagistralen entwickelt.

Wie berichtet, durften sich die Demonstranten nicht dem Regierungsviertel nähern, denn die Polizei hatte für die Demonstration die Ecke Ebert/Hannah-Arendt-Straße vorgeschrieben. Der Ort liegt 600 Meter entfernt vom Appellplatz, weit genug, damit die Zeremonie nicht durch Sirenen oder Kracher gestört werden könnte. Eine zweite Kundgebung sollte ab 19 Uhr an der Marschallbrücke stattfinden. Allerdings rechneten die Sicherheitsbehörden vor allem mit "Störungen durch Kleingruppen und Einzelpersonen", also außerhalb der Demos.

Am Samstagabend hatten fünf Militärgegner die Generalprobe der Zeremonie vor dem Reichstag gestört, sie wurden kurzzeitig festgenommen. Und obwohl Körting nur der Vertreter des Vertreters war, hatte die Bundeswehr ihn prominent platziert: neben Deutschlands höchstem Soldaten, Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan.

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