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Berlin: Zirkus auf der Straße: Böse Vorstellung für Autofahrer

Artisten wollen weiter wilde Tiere halten. Deswegen legten sie mit ihren Protesten gestern die Innenstadt lahm

Die Stadt war gestern wieder geteilt – dieses Mal in eine Nord und eine Südhälfte. Vorübergehend gab es keine Straßenverbindung mehr. Autofahrer mussten zum Teil bis zu einer halben Stunde warten. Aus Protest gegen das geplante Wildtierverbot in den Manegen waren Zirkusunternehmen mit ihren Wagen von West nach Ost quer durch die Stadt gezogen und hatten die Nord-Süd-Verbindungen blockiert. Einen „teilweisen Stillstand“ mit Wartezeiten von durchschnittlich 20 Minuten hatte die Polizei registriert. Anschließend gab es „zähfließenden Verkehr“. Dabei waren die Protestierer schneller als geplant. Statt vier Stunden dauerte die Demo „nur“ gut drei.

„Die Nerven der Autofahrer liegen blank“, sagte Polizeiobermeister Sascha Schirmer. Das dröhnende, tiefe Hupen der Zirkus-Lastwagen mischte sich mit dem aufgebrachten Hupen der Autofahrer. Im Schritttempo schoben sich die bunt angestrichenen Laster durch die Stadt. Aus ganz Deutschland waren Zirkusleute angereist, um gegen das geplante Auftrittsverbot von Elefanten, Affen und Bären zu protestieren. Gekommen waren sie von den unterschiedlichsten Truppen:„Circus Fliegenpilz“ fährt hinter „Circus Royal“, gefolgt von „Lollipop“, „Renz“ und „Baldoni“. Plakate „Tierschutz im Circus: Ja, Verbot: Nein“ oder „50 000 Arbeitsplätze in Gefahr, Circustiere bleiben da“ waren auf die Wagen geklebt.

Nicht nur Siebentonner fuhren im Protestkonvoi, auch Kranwagen, Wohnwagen und Kleinlaster hatten sich eingereiht. Der Konvoi war in der Halenseestraße gestartet und fuhr dann über den Kurfürstendamm am Großen Stern vorbei zum Potsdamer Platz, dann weiter Unter den Linden, um nach der Umrundung des Schlossplatzes am Brandenburger Tor zu enden. Polizeiobermeister Sascha Schirmer musste am Großen Stern die aufgebrachten Autofahrer beruhigen. Eine halbe Stunde habe er warten müssen, schimpfte ein wütender Autofahrer. Ein anderer hatte seine Taxifahrt aufgegeben, als es nicht mehr weiterging. Peter Harlos schaute dem Konvoi auf der Straße des 17. Juni zu und hatte Verständnis. „Diese Art von Protest ist doch die einzige, die diesen Leute bleibt. Was sollen sie denn sonst machen? Nicht mehr auftreten? Ich finde das in Ordnung.“

Für Innensenator Ehrhart Körting (SPD) gehören Staus wie bei der Demonstration der Zirkusleute zu den „Misshelligkeiten“, die man ertragen müsse. Als Hauptstadt sei Berlin in einer besonderen Situation: Wer demonstrieren wolle, tue das in Berlin. Grundsätzlich wolle er das Demonstrationsrecht nicht ändern, sagt Körting. Doch hätten die Demonstrierenden „nicht das Recht, andere in die Zwangssolidarität“ zu nehmen. Anders gesagt: Niemand könne in einer Großstadt gezwungen werden, wegen einer Demonstration „stundenlang im Stau zu stehen“.

Würden die Zirkusleute also damit anfangen, jeden Tag immer wieder aufs Neue im Konvoi für das Recht zur Wildtierhaltung zu demonstrieren, müssten sie sich auf Vorgaben der Polizei im Hinblick auf die Demonstrationsroute einrichten. Solche Vorgaben habe die Genehmigungsbehörde zum Beispiel vor einem Jahr gemacht, als eine Demonstration in der Vorweihnachtszeit über den Ku’damm und die Tauentzienstraße führen sollte. Diese Demonstration habe man mit Blick auf die Berufsfreiheit der Händler teilweise umgeleitet. Und Demonstrationen der NPD würden mit Blick auf die Route „kanalisiert“, und zwar aus Sicherheitsgründen.cof/kt/wvb

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