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Zirkus: Zoff in der Manege

Der Zirkus Salto Natale kommt nach Berlin. Die Show Synfunia bietet wilde Paare und Pferde aus Pappe.

Der Beziehungskrach hat es in sich: Papa wirft Mama hoch in die Luft. Sie macht vor lauter Wut einen Salto. Er guckt zwar auch sauer – aber auf ihn ist in dieser Beziehung trotz des Streits Verlass: Er fängt sie sicher wieder mit seinen starken Armen auf. Das mag sie anscheinend nicht, zappelt in seinem Griff, reißt sich los. Kein Wunder, dass er schmollt. Aber die beiden gehören zusammen, das sieht man auf den ersten Blick – also vertragen sie sich wieder, mit einem innigen Kuss.

Wenn die Akrobaten Noémie Sirard-Gervais und Alain Boudreau ihre wilde Akrobatik-Tanznummer beendet haben, eilen sie schnell aus der Manege des Zirkus Salto Natale zu ihrem Sohn. Während der Vorstellung schläft der kleine Emilien im Kinderwagen hinter der Manege zwischen einem Wäscheständer voller lilafarbener Glacéhandschuhe, einem Haufen silberner Highheels und dem Bügeltisch, behütet von Nacho, dem „Anzieher“, der den Akrobaten in die Kostüme hilft. Emilien ist erst seit vergangenem Oktober auf der Welt – aber hat er schon viel gesehen, wenn er nicht gerade schläft. Seine Mutter hat wieder angefangen zu trainieren, als er drei Wochen alt war, fünf Wochen später war Premiere für die Show Synfunia in Zürich. Und kurz darauf ging es auf Europatournee: Vom 20. März an sind Noémie, Alain und ihre rund 25 Kollegen nun auf dem Leipziger Platz in der Show zu sehen.

In der Schweiz ist der Zirkus Salto Natale schon seit Jahren ein Publikumsmagnet. Dafür garantiert auch der Name des Zirkusdirektors: Gregory Knie, 29 Jahre alt, gehört zu der bekannten Schweizer Zirkusdynastie Knie, die seit sieben Generationen „im Geschäft“ ist. Synfunia ist die fünfte Show des Zirkus, aber die erste, mit der Knie für eine Tournee die Schweiz verlässt.

Viele der Akrobaten sind internationales Parkett gewohnt: Sie kommen wie Noémie und Alain aus Montreal und haben dort ihre Kunst auf der berühmten Zirkusschule gelernt. Schließlich geht es bei Salto Natale hauptsächlich um Akrobatik und Clownerie. Tiere gibt es nicht – bis auf ein paar Pferde. Die allerdings sind vorn aus Pappmaschee, hinten aus flatternden Stoffbahnen. Die Akrobaten laufen mit ihnen zur Musik durch die Manege und bewegen dabei die Vorderbeine. Das wirkt ein bisschen lächerlich, aber eigentlich eher gespenstisch: Die „Phantompferde“ scheinen sich in einer fließenden Bewegung nach hinten aufzulösen. Jeder der Akrobaten ist immer mal wieder an der Reihe, sie zu tragen.

Überhaupt macht in der Show Synfunia jeder anscheinend irgendwie alles. Zusätzlich zu der eigenen Nummer erscheinen alle noch in größeren Choreografien oder einfach als Bühnenarbeiter. Das passt zur Geschichte der Show: Ein verrückter Conférencier (gespielt von René Bazinet) will eine komische Oper inszenieren, doch er hat sein Ensemble keineswegs im Griff. In der Manege entsteht also ein (sorgfältig geplantes) Chaos: Ob nun sechs Chinesinnen mit starrem Lächeln wie tanzende Aufziehpuppen Diabolos umherwirbeln. Oder Opernsängerin Marie-Claude Chamberland Arien schmettert.

Das Highlight der Show ist Johnny Filion, eher Komiker als Clown. Er hampelt in der Manege herum, als sei er gerade zufällig dort gelandet, japst immer wieder aufgeregt ins Mikrofon – das Japsen schwankt zwischen lachendem Jubel und verzweifeltem Heulen. Dann jongliert er mit einer Magnumsektflasche, einem Hammer und einem Teller und balanciert ein Stück Papier auf der Nase. Das Ganze ist so absurd, dass man immer lauter lachen muss, je länger er herumalbert.

Filion kommt wie Noémie und Alain aus Kanada. Und wie er haben die beiden schon jahrelange Bühnenerfahrung. Dabei ist Noémie erst 28 Jahre alt, sieht aber aus wie 18 ohne ihr wildes Punk-Kostüm und das dicke Make-up. Seit zehn Jahren sind die beiden ein glückliches Paar. Wahrscheinlich weil sie ihre Streitereien in der Manege austragen und nicht an Emiliens Bett.

20.3. bis 27.4. auf dem Leipziger Platz; Tickets ab 24 Euro unter Tel. 01805-35 25 35 oder www.saltonatale.ch

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