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Das neue Zoofenster wird mit 119 Metern eines der höchsten Gebäude der Stadt.

© Doris Spiekermann-Klaas

Zoofenster-Hochhaus: Jede Woche eine Etage

Auf 20 Stockwerke ist das neue Zoofenster in Charlottenburg schon angewachsen. Bis Ende August soll das 119-Meter-Hochhaus im Rohbau fertig sein.

Hochhäuser mag Sabrollah Aschayeri nicht sonderlich und findet sie „unnatürlich“ für die Lebensweise des Menschen. „Schauen Sie nur, wie klein die Leute aussehen“ sagt er beim Blick nach unten auf den Hardenbergplatz, den Bahnhof Zoo und den Breitscheidplatz. Lieben muss Aschayeri die luftige Höhe nicht, aber er muss schwindelfrei und umsichtig sein: Der 61-Jährige ist der Bauleiter des Berliner Ingenieurbüros BIC für das Zoofenster-Hochhaus, das mit 32 Etagen rund 119 Meter hoch wird. Bis zum 20. Stockwerk ist der Rohbau inzwischen angewachsen und überragt damit bereits die 68 Meter hohe Turmruine der benachbarten Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche.

Ob das Wahrzeichen „verschattet“ wird und seine herausgehobene Stellung verliert, wie es die damalige Gemeindepfarrerin Sylvia von Kekulé vor dem Baubeginn befürchtete, wird sich bald zeigen. „Jede Woche schaffen wir mindestens eine neue Etage“, sagt Aschayeri, „Ende August ist der Rohbau fertig.“ Die jeweils obersten drei Geschosse sind eingerüstet, darunter sieht man noch nackten Beton. Einige helle Kalksteinplatten für die künftige Fassade lagern schon auf der Baustelle, und im unteren Bereich wurden bereits Fenster eingebaut.

In 15 Etagen zieht das erste deutsche Waldorf-Astoria-Luxushotel mit 242 Zimmern. Waldorf-Astoria ist berühmt für das traditionsreiche Stammhaus in New York, heute gehört die Marke zur Hilton-Gruppe. Im Rohbau ist vom Hotel noch wenig zu sehen. Da bisher nur die wichtigsten tragenden Wände stehen, lässt sich die Raumaufteilung und Größe der Hotelzimmer nicht abschätzen. Und Waldorf-Astoria hält sich mit Auskünften zu seinen Plänen für die Inneneinrichtung zurück. Immerhin wurde vor wenigen Tagen der zwölf Meter lange Swimmingpool in einem nächtlichen Schwertransport angeliefert und per Kran in die vierte Etage gehievt.

Rund 200 Bauleute arbeiten an sechs Tagen pro Woche von 7 bis 22 Uhr auf der Baustelle zwischen Hardenberg-, Kant- und Joachimstaler Straße. Manchmal kommen Nachtschichten hinzu, die Verzögerungen durch den langen und eisigen Winter konnten weitgehend aufgeholt werden. Das offizielle Richtfest werde aus „verschiedenen Gründen“ allerdings nicht im August, sondern erst im Oktober gefeiert, sagt Aschayeri.

Das etwa 180 Millionen Euro teure Vorhaben ist ein multikulturelles Projekt. Die Investoren stammen aus Abu Dhabi und die Hotelbetreiber aus den USA, während der Koordinator ein Franzose ist und die Bauunternehmen aus Deutschland und Österreich kommen. Diese wiederum beschäftigen Mitarbeiter aus verschiedenen europäischen Staaten. Bauleiter Aschayeri ist gebürtiger Iraner, lebt seit 1970 in Berlin und ist seit langem für das Ingenieurbüro BIC tätig. Er war unter anderem am Bau des Maritim-Hotels in der Stauffenbergstraße, der CDU-Parteizentrale in Tiergarten und einer Wohnsiedlung in Potsdam beteiligt. Dem Klischee eines raubeinigen Bauleiters entspricht Aschayeri keineswegs, er wirkt freundlich und humorvoll. Besonders wichtig ist ihm die Sicherheit „Ein Unfall wäre eine Katastrophe“, zum Glück habe es bisher keine größeren Zwischenfälle gegeben. Einen Arbeiter, der bei Vermessungsarbeiten an einer Maueröffnung in der 15. Etage seine Sicherungsleine nicht straff gespannt hat, ermahnt Aschayeri höflich.

In diesen Tagen wächst das Gebäude über den Turm der Gedächtniskirche am Breitscheidplatz hinaus.
In diesen Tagen wächst das Gebäude über den Turm der Gedächtniskirche am Breitscheidplatz hinaus.

© Doris Spiekermann-Klaas

Alle Besucher müssen in eine orangefarbene Warnweste und Gummistiefel schlüpfen und einen Bauhelm aufsetzen – so auch der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), der Mitte April im Rahmen seiner Bezirksrundgänge vorbeikam und die Planer beglückwünschte: Sie hätten „in zwei Jahren geschafft, was andere in 18 Jahren nicht geschafft haben“ und Befürchtungen widerlegt, dass aus der City-West „alles wegzieht“ in die östliche Stadtmitte. Lange hatten Politiker und Immobilienexperten bezweifelt, dass der Hochhausentwurf des Frankfurter Architekten Christoph Mäckler verwirklicht wird. Die Investoren auf dem einstigen Teppich-Kibek-Grundstück wechselten, und ein symbolischer erster Spatenstich fand sogar schon mit dem damaligen Regierenden Eberhard Diepgen (CDU) statt – ohne dass anschließend etwas geschah. Zwischenzeitlich war die Hilton-Gruppe als Hotelbetreiber wieder abgesprungen, bis es 2008 mit den neuen Bauherren zum Durchbruch kam.

Nun erhält die City-West ihr größtes Hochhaus, doppelt so hoch wie das Neue Kranzler-Eck nebenan und 23 Meter höher als der Büroturm des Europa-Centers am Breitscheidplatz. Auch das Hochhaus des Ku’damm-Karrees bleibt mit 20 Etagen unter dem 32-stöckigen Neubau. Stadtweit gibt es wenige vergleichbare Hochhäuser: Der Steglitzer Kreisel misst ebenfalls 119 Meter, höher sind mit je 125 Metern allein die Treptowers zwischen Treptower Park und Spree sowie das Park-Inn-Hotel am Alexanderplatz. Dort sind seit langem weitere Hochhäuser geplant, deren Bau aber fraglich bleibt.

35 000 Kubikmeter Beton und 6000 Tonnen Stahl werden im Zoofenster verbaut. Aus weiteren 3300 Kubikmetern Beton und 600 Tonnen Stahl entsteht der Rohbau des kleineren, tortenstückförmigen Nebengebäudes „Zoo-Triangel“. Auf dessen Grundstück gab es früher ein Chinarestaurant, ein Sexkino und einen Erotikshop. Die Mieter mussten ebenso weichen wie die Überbauung der Kantstraße mit dem denkmalgeschützten Schimmelpfeng-Haus. Von letzterem steht noch ein kleiner Gebäudeteil zwischen Kantstraße und Kurfürstendamm, der ein paar Läden beherbergt. Der dortige Grundstückseigentümer Casia plant seit Jahren ein zweites 119-Meter-Hochhaus. Der Verkauf an einen Investor platzte jedoch, und es mangelt auch an Mietern. „Von unseren Nachbarn haben wir noch nichts Neues gehört“, sagt Zoofenster-Bauleiter Aschayeri.

Bei seinem Projekt hat die Vermarktung zahlreicher Etagen noch gar nicht begonnen. Über dem Waldorf-Astoria entstehen Büros im 16. bis 22. Stock. Dass sie schnell vermietet werden können, scheint nicht sicher. Das benachbarte Büro- und Geschäftshaus „City Light House“ an der Kant-/Ecke Joachimstaler Straße, auf das man aus dem Hochhaus blickt, steht seit Jahren größtenteils leer. Unlängst schloss darin das Sportgeschäft Ski-Hütte wegen gesunkener Umsätze und der hohen Miete. Läden sind auch in den unteren zwei Stockwerken des Zoofensters geplant.

Luxuriöse Appartements mit Blick weit über die Gedächtniskirche hinaus kommen ab der 22. Etage hinzu, darunter eine „Präsidentensuite“ im 31. Stock. Den Service für die Bewohner will Waldorf-Astoria übernehmen. Das 32. Stockwerk wird vor allem eine Techniketage. Für die Vermietung der Luxusetagen ist Bauleiter Aschayeri zwar nicht zuständig, er stellt sich aber als mögliche Nutzer Geschäftsleute und Prominente vor, die sich regelmäßig mehr als ein paar Nächte lang in Berlin aufhalten.

Wenn in voraussichtlich neun Wochen der Rohbau fertig ist, geht die Innenausstattung erst richtig los. Die Fertigstellung ist im Mai kommenden Jahres geplant, das Waldorf-Astoria soll in der zweiten Jahreshälfte 2011 eröffnet werden. „Auch dann ist meine Arbeit noch nicht vorbei“, sagt Aschayeri. Denn im Rahmen der fünfjährigen Gewährleistung müssen die Ingenieure und Baufirmen noch eventuelle Baumängel ausbessern. Den schwierigsten Teil der Arbeit haben sie aber längst hinter sich: Die Pfahlgründung in 30 Metern Tiefe war wegen zwei angrenzender U-Bahnlinien außergewöhnlich kompliziert. Unter der Erde liegen vier Geschosse, die unter anderem als Tiefgarage dienen sollen. Genau genommen hat der Turm also sogar 36 Etagen.

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