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Idyll mit Flatterband. Der Tilla-Durieux-Park am Postdamer Platz ist abgesperrt, weil die Böschung ins Rutschen zu geraten droht. Der Bezirk hat kein Geld für die Reparatur.

© Doris Spiekermann-Klaas

Parks, Spielplätze und Friedhöfe: Rettung für das Berliner Grün

Vertrocknende Bäume und geschlossene Spielplätze: In Berlin fehlt Geld für öffentliche Grünanlagen. Nun greifen Gewerbetreibende den Bezirken unter die Arme.

Rostige Eisenstangen stechen durch den Rasen am Tilla-Durieux-Park am Potsdamer Platz. Wo sich sonst Sonnenhungrige und Erholungssuchende an den steilen Hängen einen Weg hinauf auf das lang gezogene Rasenplateau bahnen, flattert rot-weißes Absperrband. Die gefährlichen Trampelpfade wurden geschlossen, um die Anlage selbst, aber auch die waghalsigen Kletterer vor Schäden zu schützen. Die Reparatur war ungewiss – jetzt haben sich Spender gefunden.

Die Gewerbetreibenden am Potsdamer Platz wollen für die Beseitigung der baulichen Mängel an der bei Touristen und Anwohnern beliebten Parkanlage einspringen. Das sagt Thomas Schmalfuß, Geschäftsführer der Potsdamer Platz Management GmbH. Man sei mit dem Bezirk im Gespräch, um möglichst schnell eine Lösung zu finden. Der Stadt selbst fehlt das Geld. Schon in der Vergangenheit hätte das Reinigungspersonal vom Potsdamer Platz deshalb regelmäßig auch im benachbarten Park aufgeräumt. Größere Mülleimer wurden gespendet, bald sollen weitere angeschafft werden, sagt Schmalfuß.

Parks werden abgesperrt, Spielplätze geschlossen, Bäume vertrocknen, der Müll sammelt sich auf den Gehwegen. Berlins Bezirke können Pflege, Erhaltung und Reinigung nicht mehr zahlen. Selbst der Rasen vor dem Reichstag ist zertrampelt. Besserung ist nicht in Sicht. Deshalb müssen immer öfter Gewerbetreibende oder private Spender den Bezirken unter die Arme greifen.

Das weiß auch Stefan Pasch. Der Fachbereichsleiter ist für das Grün in seinem Bezirk zuständig, für die Spielplätze, Friedhöfe und Parks. Er verwaltet den Notstand, sammelt Spenden. Ohne die wäre wohl schon zahlreichen Kindern in Spandau das Lachen auf dem Spielplatz vergangen. Nur drei Spielplätze musste er schließen, dafür viele Spielgeräte abbauen. „Der Standard sinkt massiv“, sagt Pasch. Geld, um den Spielplatzsand zu wechseln, ist schon lange nicht mehr da.

Das gilt auch für die morschen Steganlagen am Wasser. „Die zu reparieren ist keine Frage der Zeit mehr“, sagt Pasch. Selbst den Spandauer Bäumen geht es an den Kragen. Sie vertrocknen im Sommer, weil niemand sie gießt. Neue werden nur gepflanzt, wenn sich ein Baumpate finde. In Spandau gibt es 65 Paten, jährlich werden aber knapp 200 Bäume gefällt.

Selbst am Ku'damm muss gespart werden

„Für qualitätsvolle Pflege fehlt das Geld“, sagt auch Marc Schulte, Stadtrat in Charlottenburg-Wilmersdorf. Regelmäßig erhalte er Anrufe von Bürgern, die wucherndes Unkraut meldeten. Schulte kann nichts machen. Auch in seinem Bezirk vertrocknen Bäume und wird Spielgerät abgebaut. Acht Spielplätze müssten jedes Jahr grunderneuert werden. Eine Million Euro würde das kosten, doch das Geld ist nicht da. Damit die Qualität nicht weiter sinkt, will Schulte Schulen, Kindergärten und Gewerbetreibende als Spielplatzpaten werben. Überall muss gespart werden, sagt Schulte. Das gilt sogar für den prominenten Ku’damm.

Der Bezirk hat die teuren Pflanzschalen auf der Einkaufsstraße abgeschafft. Einfache Blumenzwiebeln müssen reichen. Trotzdem wird der Ku’damm auch im nächsten Jahr wieder im dichten Blumenkleid erscheinen, verspricht Gottfried Kupsch, Vorstandsmitglied der Arbeitsgemeinschaft City. In der AG engagieren sich Gewerbetreibende und Kulturschaffende. Sie haben Studenten der Technischen Universität beauftragt, neue Blumengefäße zu gestalten. Sie sollen im kommenden Jahr auf den Bürgersteigen zwischen Uhland- und Leibnizstraße aufgestellt werden, bezahlt und bepflanzt von den Händlern vor Ort. „Außerdem wollen wir, dass öfter saubergemacht wird“, sagt Kupsch. Ebenfalls privat bezahlt. Die Stadt leiste zu wenig. Die Touristenzahlen seien in den vergangenen Jahren gestiegen, mit ihnen auch die Müllberge, sagt Kupsch. Würden auch die letzten Händler in der Straße noch überzeugt, soll die Putzkolonne ab März jeden Tag unterwegs sein.

Auch im Bezirk Pankow sucht man nach neuen Ideen, Geld für die Grünpflege zu sammeln, sagt Stadtrat Jens-Holger Kirchner. 1,3 Millionen Euro stehen ihm für die Grünflächenpflege zur Verfügung. „Wir könnten doppelt so viel vertragen.“ Nur in Notfällen werden Bäume beschnitten, gewässert werden sie gar nicht mehr. Zehn Spielplätze wurden in diesem Jahr geschlossen, nächstes Jahr werden zehn weitere folgen. Neue Blumen gibt es nur, wenn Anwohner sie spenden. Das Prinzip will Kirchner ausbauen. Spaziergänger sollen künftig bequem mit ihrem Handy per Smartphone-App auf dem Weg durch die Stadt eine Spende an die Grünpflege schicken können. Und im Mauerpark soll ein Postkartenautomat zusätzliche Einnahmen bringen. Drei Euro würde eine Karte kosten. „Greetings from Mauerpark“ könnte darauf stehen, sagt Kirchner. Ein Euro geht in die Grünpflege. Bezahlt würde der Automat von einer Firma.

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