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Berlin: Zu viel der Ehre

Gesundheitssenatorin verärgert Mediziner, weil sie keine Zeit für die Kaiserin-Friedrich-Stiftung findet

Von Sabine Beikler

Es war eine kaum beachtete Absage, doch die hatte es in sich: Mit ihrer Entscheidung, nicht den Vorsitz des Kuratoriums der Kaiserin-Friedrich-Stiftung für ärztliche Fortbildung zu übernehmen, hat Gesundheitssenatorin Katrin Lompscher (Linkspartei) nicht nur Ärzte und Oppositionspolitiker gegen sich aufgebracht. Auch eigene Parteifreunde können ihre Entscheidung nicht nachvollziehen, auf den Kuratoriumsvorsitz der über 100 Jahre alten, bundesweit renommierten Stiftung zu verzichten. „Ich hätte ihr dringend geraten, das zu machen und bedauere, dass sie sich nicht beraten hat“, sagt Wolfgang Albers, Chirurg und gesundheitspolitischer Sprecher der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus. Auch Lompschers Amtsvorgängerin, Arbeits- und Gesundheitssenatorin Heidi Knake-Werner (Linkspartei), stand dem Stiftungskuratorium vor – wie seit über 30 Jahren traditionell qua Amt jeder Berliner Gesundheitssenator.

Bis zu 300 Ärzte und Juristen nehmen regelmäßig an jährlichen Symposien der Kaiserin-Friedrich-Stiftung (KFS) teil. Außerdem organisiert die KFS überregionale Fortbildungen für praktizierende Ärzte und bietet Kurse für Mediziner an, die längere Zeit ihren Beruf nicht ausgeübt haben. „Die Referenten arbeiten ehrenamtlich und erhalten eine Aufwandsentschädigung“, sagt Jürgen Hammerstein, Geschäftsführer der Stiftung.

Hammerstein beglückwünschte Lompscher im Dezember schriftlich zu ihrer Wahl zur Senatorin und bat sie, „wie ihre Vorgänger“ den Kuratoriumsvorsitz zu übernehmen. Als er drei Monate später ein Schreiben von Lompschers persönlicher Referentin erhielt, fühlte er sich vor den Kopf gestoßen. Darin wurde ihm lapidar mitgeteilt, „dass eine weitere Mitgliedschaft im Kuratorium der Stiftung sicherlich wünschenswert, aber durch die politische Leitung nicht zu leisten ist“. Wirtschaftliche Folgen hat die Absage für die unabhängige Stiftung zwar nicht, doch es geht ihr um das Renommee.

Auf Nachfrage sagte Lompschers Sprecherin Marie-Luise Dittmar, dass sich die Gesundheitsverwaltung nach „aufgabenkritischer Prüfung“ aus vielen Gremien zurückgezogen habe. „Wenn man seine Arbeit ernst nimmt, muss man sich auf Kernaufgaben beschränken.“ Als Beispiel nannte Dittmar Lompschers Mitgliedschaft im Vivantes-Aufsichtsrat. In wie vielen Gremien Lompscher tätig ist, konnte Dittmar nicht sagen. Sie sprach von einem „überschaubaren Bereich“.

Eine Arbeitsüberlastung durch den Kuratoriumsvorsitz gebe es nicht, sagt der frühere Gesundheitssenator und CDU-Abgeordnete Peter Luther. „Das Kuratorium trifft sich zweimal im Jahr für einige Stunden“, so Luther, der selbst von 1991 bis 1996 als Gesundheitssenator den Kuratoriumsvorsitz innehatte. „Die Absage von Lompscher ist stillos, denn die ehrenamtliche Arbeit der Stiftung ist einzigartig.“ Als Senatorin habe man auch Verantwortung dafür zu tragen, wie eine Stiftung in ihrem Fachbereich gut nach außen hin wirke.

Die Stiftungsarbeit wird auch von Günther Jonitz, Präsident der Berliner Ärztekammer, hoch gelobt. „Ärztliche Fortbildung ist elementar. Die Ärztekammer schafft das allein nicht. Deshalb kooperieren wir mit der Stiftung.“ Lompschers Entscheidung sei nicht nachvollziehbar. Befragt, ob Amtsvorgängerin Knake-Werner ihr den Rat gegeben habe, den Kuratoriumsvorsitz abzugeben, sagte deren Sprecherin Karin Rietz: „In der Stiftung arbeiten renommierte Mitglieder, die ihre Erfahrung und ihren Namen in den Dienst der Fortbildung von Medizinern stecken.“ Die Gründe für Lompschers Absage seien Knake-Werner nicht bekannt.

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