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Berlin: Zu viel Dreck – 700 Schüler nach Hause geschickt

In Treptow alarmierte die Rektorin den Bezirk wegen unhygienischer Zustände auf den Toiletten. Private Reinigungsfirmen oft überfordert

Nicht auszuhalten – Regina Tlapák konnte es kaum fassen, als sie gestern morgen gegen halb acht die Toiletten an ihrer Schule inspizierte. Schon auf den Treppen stieg ihr ein unappetitlicher Geruch in die Nase. „Es war ein bestialischer Gestank“, sagt die Schulleiterin der Treptower Grundschule am Mohnweg. Der Anblick verkeimter und dreckiger WC’s und Waschbecken gab ihr schließlich den Rest. „Ich rief sofort beim Schulamt an. Aber vor 15 Uhr hätten die niemanden vorbeigeschickt“, sagt die erfahrene Pädagogin, „und so lange konnte ich nicht warten.“ Die Schulleiterin hatte schlicht Angst, ihre Schüler könnten krank werden vom Dreck. Konsequenz: Regina Tlapák schickte fast 700 Schüler wieder nach Hause. Die Eltern oder Großeltern reagierten verständnisvoll und holten ihre Kinder ab; wenn das nicht möglich war, konnten sie im Hort bleiben.

Die unhygienischen Zustände an der Schule sind bekannt. „Wir haben richtig Angst, auf die Toilette zu gehen“, sagte Manar Ebrahim aus der vierten Klasse. „Mein Bruder hat sich lieber in die Hosen gemacht.“ Längst haben sich viele Eltern beschwert. Ob speckige Klosetts, Sand auf den Treppen oder Ameisen in Speiseraum und auf Fensterbänken: Für die Schulleiterin ist die „Reinigung absolut unzulänglich“. Seit Januar ist die Magdeburger Firma Opti zuständig. Gestern erschien der einzige Mitarbeiter für die Schulreinigung nicht zur Arbeit, nur die Reinigungskraft für die Turnhalle trat an. Die beiden arbeiten normalerweise fünf bis sechs Stunden täglich. „Das reicht nicht“, sagt die Schulleiterin.

Auf die Auswahl der privaten Reinigungsfirma haben Schulen jedoch keinen Einfluss. Die Bezirksämter sind zuständig und schreiben die Aufträge europaweit aus. „Wir haben uns für das wirtschaftlichste Angebot entschieden“, sagt der verantwortliche Mitarbeiter für Grundschulreinigung im Schulamt Treptow-Köpenick. „Über die Magdeburger Firma haben wir uns erkundigt, wir sind da pingelig. In Altenburg hatte Opti eine Super-Referenz.“

Viele Reinigungsbetriebe engagieren ihre Mitarbeiter zu geringen Löhnen und kalkulieren mit dünner Personaldecke. „Bei uns macht jetzt eine Frau die Arbeit von dreien“, sagt Klaus–Dieter Lambrecht, Schulleiter von der Andersen-Grundschule in Mitte. „So wird die Arbeit zunehmend auf Lehrer und Schüler verlagert. Wir würden lieber arbeitslose Eltern dafür einstellen. Aber das dürfen wir nicht.“

Nahezu alle Berliner Schulen werden inzwischen privat gereinigt. Auch in Reinickendorf führt das zu schlechten Ergebnissen. An der Alfred-Brehm-Grundschule gab es Anfang der Woche eine Faschingsparty, bei der reichlich Müll anfiel. „Aber dienstags steht weder Fegen noch Wischen auf dem Plan. Also hat es niemand getan“, sagt Hausmeister Bernd Kieck. Ohnehin kommen die drei Putzfrauen bei anderthalb Stunden Einsatz pro Tag kaum hinterher.

In Treptow hat der Bezirk der Reinigungsfirma ein Ultimatum gestellt – „dann muss es wieder laufen.“ Die Firma war für eine Stellungnahme gestern nicht zu erreichen.

Maxi Leinkauf

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