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Berlin: Zu wenige Zocker: Trabrennbahn Mariendorf wird verkauft

Rennverein verhandelt mit französischen Investoren, die sein Gelände bebauen wollen – und plant eine neue Bahn in Karlshorst. Aber der Bezirk Tempelhof mauert

Mariendorf und Sulkyrennen – beides gehört in Berlin seit 1913 zusammen. 90 Jahre ist die Tradition der Traber im Süden Berlins alt, doch nun geht sie ihrem Ende entgegen: Der Berliner Trabrennverein will seine Bahn am Mariendorfer Damm mitsamt aller Stallungen möglichst Gewinn bringend verkaufen und eine neue Rennsportanlage entweder in Karlshorst oder auf dem Gelände des Tempelhofer Flugplatzes bauen, falls dieser geschlossen wird. Zu diesem schmerzhaften Einschnitt sieht sich der Verein gezwungen, nachdem die Einnahmen im Rennsport dramatisch geschrumpft sind. Seine Mitglieder ermächtigten am Montagabend den Vorstand um den Steglitzer Hotelier Klaus-Volker Stolle, Verhandlungen über einen Verkauf der Bahn in Mariendorf aufzunehmen. Nach heftiger und kontroverser Diskussion fiel das Mitgliedervotum mit 37:14 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) deutlich aus. Von der Veräußerung des 20 Hektar großen vereinseigenen Geländes und seiner stark renovierungsbedürftigen Bauten erhoffen sich die Verantwortlichen einen Erlös von rund 40 Millionen Euro. Mit dem französischen Unternehmen SCC (Société des Centres Commerciaux) steht ein Interessent für das Mariendorfer Grundstück bereit. Diese Investorengruppe unterhält europaweit 70 Einkaufszentren und würde das einstige Renngelände gerne bebauen.

Doch hier beginnen die Probleme. Denn nach dem Sportförderungsgesetz darf eine Sportanlage nicht einfach beseitigt werden. Zuvor muss die Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg einer solchen Umwidmung in Bauland zustimmen. Verweigert sie dies, kann der Traberverein nicht den erhofften Preis erzielen.

Aber im Bezirk deutet sich politischer Widerstand an. Dieter Hapel (CDU), stellvertretender Bürgermeister in Tempelhof-Schöneberg, macht seine abweichende Haltung klar: „Ich wurde erst spät über die Verkaufsabsichten informiert und sehe dafür keinerlei Realisierungsmöglichkeit.“ Bereits am heutigen Mittwoch wird eine große Anfrage der sozialdemokratischen BVV-Fraktion zu dieser Thematik die Bezirksversammlung beschäftigen.

Sein Plädoyer für den Verkauf begründete Vereinschef Klaus-Volker Stolle mit den Umsatzeinbrüchen im Pferderennsport. So schrumpften die Wetteinnahmen trotz der um vier Prozent gestiegenen Besucherzahlen um 14,5 Prozent.

Zwar konnte der Verein in seinem Geschäftsbericht für 2002 ein Plus in Höhe von 136000 Euro vorweisen. Diese Summe resultiert aber nur aus einem bereits erfolgten Verkauf großer Teile des ehemaligen Mariendorfer Stallgeländes. Aus dem Veranstaltungsbetrieb ergab sich für 2002 trotz Personaleinsparungen in Höhe von 240000 Euro ein Minus in Höhe von einer Million Euro. Vergos: „Wenn nichts passiert, kann schon im nächsten Frühjahr Schluss sein.“

Als möglicher Standort für eine komplett neue Rennanlage wird die Schwesterbahn in Karlshorst favorisiert, da dort keine Pachtkosten anfallen. Das Gelände des Flugplatzes Tempelhof liegt zwar zentraler, aber dessen Zukunft ist noch immer offen. Die Entscheidung sei zu langwierig, hieß es am Montagabend im Verein. „Bis dahin geht uns bestimmt die Luft aus.“

Heiko Lingk

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