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Berlin: Zufälle im Härtetest

Immer wieder 26..

Immer wieder 26... Eigentlich sollte es an einem 26. März passieren. Axel Wolburg hat alles so schön organisiert und geplant: Nicole und er sind endlich in Thailand, der perfekte einsame Traumstrand ist gefunden und die noch in Deutschland gekauften Ringe sind ganz unten im Rucksack versteckt. Aber als es dann soweit ist, traut Axel sich nicht. "Nicole war ganz schön angedüdelt, ich hatte Angst, dass sie sich danach vielleicht an nichts mehr erinnert hätte."

Am nächsten Abend passt dann alles, bis auf den Ring. Der ist zu groß. Anderthalb Jahre später die Hochzeit. Die beiden hätten gerne an ihrem zehnten "Kennenlerntag", dem 26. September, geheiratet, aber wegen Nicoles Prüfungen ist das nicht möglich. Dann eben 26. eines anderen Monats.

"Nun haben wir zwei Jubiläen, ist doch auch nicht schlecht", freut sich Nicole. In ihren Eheringen haben sie beide Daten eingraviert, und sie bekennen, dass ihnen ihr "Kennenlerntag", wie sie ihn nennen, sogar fast mehr bedeutet. Vielleicht ist das der Grund, warum Axel Nicole manchmal immer noch "meine Freundin" nennt? Angefangen hat alles in der elften Klasse. Nicole hieß damals noch Matthes mit Nachnamen und ging auf eine relativ neue Schule im Süden Berlins. Als sie sich für Physik als Profilkurs entschieden hatte, musste sie für dieses Fach das Pendeln an ein anderes Gymnasium in Kauf nehmen.

Pulli überm Hochzeitskleid?

Dort war sie das einzige Mädchen und für Axel "der Lichtblick im Kurs". Die Initiative ergriff dann aber Nicole: Auf einer Klassenfahrt mit ihrer Schule schreibt sie ihren Physik-Klassenkameraden eine Postkarte, Axels Name steht ganz oben. "Jeder hat das gemerkt", ist der sich sicher. Er hat die Andeutung wohl auch verstanden. Nicole hat zwar Physik ziemlich schnell wieder aufgegeben und ist auf Englisch gewechselt, aber "Axel habe ich mir gehalten". Am 26. September bringt Axel sie nach ihrer Verabredung nach Hause, vor der Tür bleiben sie fast vier Stunden stehen, vergessen die Zeit. Seine Mutter hat inzwischen schon die Feuerwehr alarmiert.

Die nächsten Tage nützen die Frischverliebten die West-Berliner Besonderheit und telefonieren stundenlang für eine Einheit das Gespräch. "Wir haben so unsere Grundwerte ausgetauscht und uns richtig kennen gelernt, das war wichtig", sind sie sich einig. Nach dem Abitur überredet Axel seine Freundin zu studieren. Nicole entscheidet sich für Lehramt an der Technischen Universität in Berlin, mit Erfolg: Seit diesem Schuljahr arbeitet sie als Grundschullehrerin an der Fläming-Schule in Schöneberg. Axel dagegen muss erst einmal ein halbes Jahr auf einen Studienplatz für Wirtschaftsingenieurwesen warten. Sie reisen beide gerne, leider nicht immer zusammen.

Nicole geht 1993 für sechs Monate nach London, Axel sammelt gleichzeitig praktische Erfahrungen in New York. Davor musste er ein halbes Jahr in Hannover Praktikum machen. Aber er schreibt so fleißig Briefe, dass der Briefträger in England drei Kreuze schlägt, als das deutsche Aupairmädchen wieder nach Hause zurückkehrt. Axel sucht einen passenden Job in Berlin, schließlich ist Nicole hier gebunden. Er bekommt die Stelle als Produktmanager bei Mercedes, gerade noch rechtzeitig zur Hochzeit.

Beim Polterabend vier Tage vor der Hochzeit ist es noch so kalt, dass alle spotten, das sei ja wohl eher eine Skiparty, und Nicole solle bei der Trauung doch einen dicken Pulli über ihr Kleid ziehen. Am Hochzeitstag ist der Himmel dann strahlend blau, auf 20 Grad steigt die Temperatur.

Nach dem Standesamt müssen Alex und Nicole noch einen ganz besonderen Härtetest bestehen: Mit einer stumpfen Säge müssen sie gemeinsam einen Baumstamm durchsägen, ein eigentlich eher in Süddeutschland üblicher Brauch, um sich den Weg ins Eheglück gemeinsam freizumachen. Sie nehmen diese "letzte Hürde" mit Leichtigkeit.

Aber das war klar, hatte doch Nicole schon zu Silvester 1987 per Knallbonbon den entscheidenden Hinweis bekommen: Drei Tage vor ihrem sechzehnten Geburtstag zog sie ein Herz, für sie eindeutig: " Ich wusste, ich würde in diesem Lebensjahr meine große Liebe kennen lernen". So war es dann auch, am 26. September 1988.

An einem 26. ist auch dieses Jahr wieder etwas Wichtiges passiert, allerdings im November: Nicole und Axel Wolburg haben den Kaufvertrag für ihre neue Vier-ZimmerWohnung unterschrieben. Genug Platz für möglichen Zuwachs. Wer mag da noch an Zufälle glauben.

Juliane Schäuble

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