zum Hauptinhalt
Zug der Erinnerung

© dpa

Zug der Erinnerung: Einsteigen zum Gedenken

Der "Zug der Erinnerung“ hält heute am Bahnhof Grunewald – von hier aus wurde die Mehrheit der Berliner Juden deportiert. Auch Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit besucht am Montagnachmittag die Ausstellung.

Familie Fuhrer aus Stuttgart ist an diesem Sonntag einen Tag zu früh dran: „Wir dachten, der Zug der Erinnerung steht schon heute hier“, sagt Günther Fuhrer und läuft über die Metallplatten von Gleis 17, dem einzigen Gleis dort, das zwei Bahnsteigkanten hat. Seit 1998 ist Gleis 17 ein Mahnmal, errichtet von der Deutschen Bahn AG. Die Architekten Nikolaus Hirsch, Wolfgang Lorch und Andrea Wandel haben 186 schwere Metallplatten auf die ehemaligen Bahnsteige legen lassen. Ganz vorne, dort, wo ein Fahrgast seinen Fuß aufsetzen würde, um in den Zug einzusteigen, stehen auf jeder Platte das Datum eines Transports, die Zahl der deportierten Juden und das Ziel der Fahrt.

Zwischen 1941 und 1945 wurden mehr als 50 000 Berliner Juden mit der Deutschen Reichsbahn in Konzentrations- und Vernichtungslager transportiert, auch vom Anhalter Bahnhof in Kreuzberg und dem Bahnhof Putlitzbrücke in Moabit aus. Die Mehrheit verließ Berlin jedoch am Bahnhof Grunewald.

Am 4. März 1943 fuhr die Reichsbahn 1143 Juden nach Auschwitz, ist auf einer der Platten zu lesen, die in der Sonne bronzefarben schimmern. Am 16. Juni 1943 wurden 428 Juden nach Theresienstadt deportiert. Ein Besucher hat eine rote Rose auf die Platte gelegt, einige Meter weiter hat die Klasse 3 a der Evangelischen Schule Steglitz eine Kerze aufgestellt. Die Deutsche Bahn AG erinnert auf einer Tafel am Gleisaufgang an die Rolle der Reichsbahn im Dritten Reich. Ein paar spanische Studenten stehen ratlos davor. Später, auf dem Bahnsteig, lesen sie von Sachsenhausen und Ravensbrück. Und verstehen, worum es geht.

Die SS hatte das Konzentrationslager Sachsenhausen 1936 als Modell-KZ errichtet. Bis zur Befreiung am 22. April 1945 waren dort mehr als 200 000 Menschen inhaftiert. Am Wochenende wurde in Brandenburg an die Befreiung der Konzentrationslager Sachsenhausen und Ravensbrück vor 63 Jahren erinnert. An der ehemaligen Tötungsstätte „Station Z“ in der Gedenkstätte Sachsenhausen bei Oranienburg wurde das Totenbuch mit den Namen von 20 500 Opfern des Lagers an den Präsidenten und die Vizepräsidenten des Internationalen Sachsenhausen Komitees überreicht. Am 22. und 23. April 1945 waren die etwa 3500 verbliebenen Häftlinge des KZ Sachsenhausen von sowjetischen und polnischen Soldaten befreit worden. Im Frauenkonzentrationslager Ravensbrück gedachten gestern Überlebende ihrer Befreiung am 30. April 1945. Damals befanden sich noch rund 3000 Gefangene im Lager.

Der Zug der Erinnerung, der mit einer Ausstellung an deportierte Kinder erinnert, wird heute ab 9 Uhr voraussichtlich auf Gleis 3 zu sehen sein. Gegen 17.30 Uhr wird dort der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit erwartet. Heute und morgen ist die Ausstellung von 9 bis 19 Uhr zu sehen. Am Dienstag veranstaltet die Berliner Initiative für den Zug zwischen 17 und 20 Uhr eine Mahnwache am Bahntower vor dem Potsdamer Platz. Nächste Stationen sind Brandenburg, Potsdam und Cottbus.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false