zum Hauptinhalt

Zugunglück Karow: Feuertest bestanden

Für Kesselwagen mit gefährlicher Fracht gelten strengste Fertigungsregeln. Das macht sie besonders sicher - wie auch das Zugunglück bei Karow bewiesen hat.

Der Unterschied am Unglücksort in Karow ist offensichtlich: Während die Lok des Regionalzuges völlig zerstört wurde, ist der Tank des getroffenen Kesselwagens nahezu unversehrt. Das ist kein Zufall, sondern Resultat aufwendiger Vorkehrungen, mit denen die explosive Ladung solcher Züge gesichert wird. Bei Lokomotiven sind dagegen nur die neuesten Baureihen „crashoptimiert“. Wäre der Waggon beim Unfall leckgeschlagen, hätte das katastrophale Folgen gehabt.

Der am Unfall beteiligte Güterzug kam von der Raffinerie in Schwedt und bestand nach Auskunft des dortigen Unternehmens PCK aus 24 Wagen voller Flüssiggas. Nach Auskunft einer PCK-Sprecherin waren davon einer mit Butan, neun mit Propan und 14 mit jeweils 47 Tonnen Propen befüllt – darunter auch der letzte. Propen, auch Propylen genannt, ist ein wichtiger Grundstoff für die chemische Industrie. Aus ihm werden Autoteile wie Joghurtbecher hergestellt. Der eigentlich gasförmige Stoff wird durch den hohen Druck von 30 Bar (zum Vergleich: ein Autoreifen hat etwa 2,5 Bar) im Waggon flüssig. Wäre der Waggon beim Unfall leckgeschlagen, hätte sich der Stoff durch einen Funken entzünden können.

Einen solchen Fall hält die Berliner Feuerwehr allerdings für „sehr unwahrscheinlich“ – eben weil die Waggons so robust sind. Anton Erhard, der bei der Bundesanstalt für Materialprüfung (BAM) die Abteilung „Gefahrgutumschließung“ leitet, erklärt, dass ein Großteil der Aufprallenergie bereits über die Puffer von Lok und Wagen abgebaut werde, indem sie sich verbiegen. Der Tank dagegen muss knochenhart und hitzebeständig sein; die BAM prüft die Konstruktion in Fall- und Feuertests. Gerhard Runkel, Technikchef des Kesselwagenvermieters VTG, sagt: „Ein Rohr mit einem gewölbten Boden ist ein sehr stabiles Gebilde.“ Meist seien die Kessel aus etwa 1,4 Zentimeter dickem Stahl mit versenkten Ventilen.

Der Waggonverleiher GATX, der den Zug an die Bahntochter DB Schenker vermietet hatte, wollte sich zu dem Unfall nicht äußern.

In Schwedt hatte es erst am Montagabend einen Unfall gegeben, als ein mit Benzin gefüllter Kesselzug ins Rollen geriet und ein Waggon beim Aufprall gegen eine Brücke leckschlug. Nach Auskunft einer PCK-Sprecherin verlassen jede Nacht 17 Züge die Raffinerie. Viele liefern Benzin, Diesel, Heizöl oder Kerosin in die Region. In der Raffinerie gälten für jeden Handgriff präzise Vorschriften; Gassensoren und Kameras überwachten das Gelände. Der Unglückszug sei planmäßig auf dem Weg nach Seddin bei Potsdam gewesen. Für die Sicherheit solcher Transporte ist das Eisenbahnbundesamt zuständig.

Auch das Kerosin für die Flugzeuge in Schönefeld wird per Bahn geliefert. Nach Tegel dagegen kommt der Treibstoff per Lastwagen. Die Touren führen dabei auch durch schmale Straßen in Wohngebieten. Anwohner und die Bürgerinitiative gegen das Luftkreuz forderten vergeblich, auch das Kerosin für Tegel per Bahn zu liefern. Einen Gleisanschluss gab es einst, er ist jedoch seit Jahren stillgelegt. Das Kerosin kommt in der Regel aus Schwedt. Über die Autobahn dürfen die Tankwagen nicht fahren, weil sie als Gefahrguttransporter die innerstädtischen Tunnel nicht benutzen dürfen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false