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Berlin: Zuhören ist das Wichtigste

Die Nummer gegen Kummer: Seit 25 Jahren gibt es das Kinder- und Jugendtelefon

Nur ein leises Atmen ist am Telefon zu hören, dann ein tiefes Seufzen und das Rascheln eines Taschentuches, mit dem Tränen getrocknet werden. Die ehrenamtlichen Mitarbeiter des Kinder- und Jugendtelefons kennen das und wissen, dass es nun an ihnen ist, zu reden. Sie erzählen dann von der „Nummer gegen Kummer“ und über ihre Arbeit und versichern, dass alles anonym bleibt. Niemand muss etwas sagen, doch alle Fragen sind erlaubt.

„Solche Schweige- oder auch Testanrufe gibt es häufig“, sagt Eva Schneider, Projektleiterin des Kinder- und Jugendtelefons (KJT) Berlin. Bei solchen Anrufen geht es den Kindern und Jugendlichen meistens darum, sich ein Bild von ihrem Gegenüber zu verschaffen, bevor sie über ihre Sorgen und Probleme reden. Es sind Fragen, die sie beschäftigen und bei denen sie nicht wissen, mit wem sie reden sollen. Meine Mitschüler schlagen mich, was soll ich tun? Was kann ich machen, damit sich meine Eltern nicht mehr streiten?

Seit 25 Jahren gibt es das bundesweite Sorgentelefon; eine Million Anrufe zählte man 2004. Die Helfer hören vor allem zu. „Es geht nicht darum, direkte Ratschläge zu erteilen, sondern Verständnis zu zeigen, Klarheit zu schaffen und Perspektiven aufzuzeigen“, sagt Eva Schneider. Nicht immer kann es eine Lösung geben, auch dass müssen Anrufer erfahren. Wenn die Freundin in eine andere Stadt zieht oder der Märchenprinz eine andere küsst, können auch die Helfer am Telefon daran nichts ändern. In schwierigen Situationen, wie Selbstmordgedanken, sexuellem Missbrauch oder Gewalt im Elternhaus vermitteln die ehrenamtlichen Mitarbeiter weitere Anlaufstellen, wo die Kinder und Jugendlichen direkte Hilfe erhalten.

Sechs Monate lang werden die ehrenamtlichen Mitarbeiter des KJT geschult. „Man muss nicht alles erlebt haben“, erläutert Eva Schneider, „aber jeder, der als Telefonberater arbeiten möchte, sollte Offenheit, Interesse und Sympathie für Kinder und Jugendliche und Redegewandtheit mitbringen“. Auch darf keine Scheu bestehen, über Sexualität zu reden, denn viele der Fragen drehen sich gerade um dieses Thema. Neben der richtigen Gesprächsführung, der Schweigepflicht und der eigenen Erfahrung der Mitarbeiter ist eines wichtig: die private Kontaktaufnahme zu den Kindern und Jugendlichen ist streng untersagt.

Die Psychologiestudentin Esther sitzt seit fast zwei Jahren am Telefon. Ihr ist es wichtig, die Kinder und Jugendlichen als gleichwertige Gesprächspartner zu sehen. „Man muss lernen, sich jedem Anruf neu zu stellen und immer wieder unvoreingenommen ranzugehen“, so die 22-Jährige, was nicht immer leicht falle, wenn der vorherige Anruf sie nicht loslässt. Doch für Pausen ist keine Zeit, denn während der Beratungszeit zwischen 15 und 19 Uhr klingelt es ununterbrochen. Deswegen ist geplant, die Beratungszeit auf täglich 13 bis 21 Uhr und auch auf Feiertage auszuweiten.

Nummer gegen Kummer: 0800-111 0 333. Informationen zur ehrenamtlichen Mitarbeit: 030 440 178 56 oder per E-Mail unter ehrenamt@berliner-kjt.de.

Carolin Mieckley

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