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Zukunftsforschung: Berlin gilt bei Forschern als krisenfest

Einer Studie zufolge würde die Bundeshauptstadt einen internationalen Crash besser überstehen als manch andere Region.

Berlin ist für eine globale Krise gerüstet. So geht es jedenfalls aus einer Studie des Pestel-Instituts hervor. Dessen Gründer Eduard Pestel hatte an den viel diskutierten Berichten des Club of Rome mitgewirkt, darunter an dem Bericht „Grenzen des Wachstums“, in dem das Ende der ewig prosperierenden Weltwirtschaft vorausgesagt wurde. An diese Ergebnisse schließt das Institut nun gleichsam an, indem es die Krisenfestigkeit deutscher Regionen für den Fall untersucht, dass Kriege oder Engpässe von Primärenergie oder Lebensmitteln das weit verzweigte Netz des globalen Handels einreißen. Das Ergebnis: In einem solchen Fall punktet Berlin und setzt sich mit Hamburg deutlich von anderen Ballungsgebieten ab.

412 Regionen in Deutschland wurden dem Krisen-Stresstest vom Verfasser der Studie, Matthias Günther, unterzogen. 18 Indikatoren zeigen die Krisenresistenz an. Berlin belegt Platz 52. Und das Pestel-Institut sieht in der Studie keine rein hypothetische Fragestellung: „Ob Banken kollabieren, Rohstoffe knapp werden oder der Klimawandel die Ernährungssicherheit bedroht, mag offen bleiben“, sagt Günther, „die nächste Krise aber kommt ganz bestimmt.“

Das gute Abschneiden Berlins ist unter anderem dem ordentlich ausgebauten öffentlichen Verkehrsnetz zu verdanken, der geringen Zahl von Industriebeschäftigten und der großen Zahl der Mietwohnungen in der Stadt. Warum das vorteilhaft ist in der Krise? Weil wenig Industrie auf eine geringere Abhängigkeit von globalen Märkten schließen lässt, weil in einer Krise Rohstoffe knapp werden und die Menschen dann vom Auto in öffentliche Verkehrsmittel umsteigen können. Und eine Mietwohnung? Die kann man in einer Krise kurzfristig kündigen, um sich zu verkleinern oder um in eine andere Region zu ziehen: Die Bewohner sind mobil, und das werten die Forscher als Vorteil.

Dass Berlin nicht noch besser abschneidet, liegt an der hohen Haushaltslast. Das schränke die Handlungsfähigkeit ein, sagen die Forscher. Auch die große Zahl der Schulabgänger ohne Abschluss und der Empfänger von Transferleistungen schlagen negativ zu Buche. Wesentlich besser als Berlin schneidet übrigens Potsdam ab: Platz 13. Krisenresistent sind auch viele ländliche Gebiete – weil die Waldfläche sowie die Landwirtschaftsfläche je Einwohner und der Einsatz von alternativen Energiequellen zu Punkten verhilft, die in jedem üblichen Wirtschaftsranking eher Abzüge bringen.

Das Ergebnis dieser ungewöhnlichen Bewertung von Regionen ist im Falle von Berlin aber nicht ganz überraschend. Sie bestätigt vielmehr die gute Entwicklung der Stadt während der Finanzkrise der vergangenen Jahre: Der konjunkturelle Einbruch war deutlich schwächer als im Rest der Republik, und die Wirtschaft erholt sich seither auch schneller als anderswo. Auch auf dem Markt für Gewerbeimmobilien, der als Frühindikator der Wirtschaftsentwicklung gilt, ging es zuletzt steil bergauf. Erst wenn die Krise endgültig überwunden ist, dürfte es damit wieder vorbei sein.

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