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Der Künstler und sein Werk. Matthias Koeppel führt durch die Zitadelle Spandau, wo ihm aus Anlass seines 80. Geburtstags eine Ausstellung gewidmet ist.

© Agnieszka Budek

Zum 80. Geburtstag Matthias Koeppels: Der Chronist, der keiner sein will

Der Berliner Maler Matthias Koeppel führt durch sein Lebenswerk und erörtert die Eigenheiten der Hauptstädter.

Mit einem Malstock bewaffnet zieht Matthias Koeppel durch die langen Hallen der ehemaligen Kaserne in der Zitadelle Spandau. Den Malstock, ein langer Stock mit einer Lederhülle an einem Ende, benutzt Koeppel, wenn er eine ruhige Hand für die feinen Details seiner monumentalen Bilder braucht.

Mit der routinierten Sicherheit und Selbstüberzeugung eines ehemaligen Professors stellt er jedes einzelne Bild in der Ausstellung "Der Maler ist im Bild" vor. Zu seinem 80. Geburtstag sind dem Künstler gleich zwei Ausstellungen gewidmet: In der Zitadelle gibt es Malerei aus seiner langen Schaffenszeit und in der Kommunalen Galerie Berlin Fotografien, Zeichnungen und Gedichte des Künstlers zu sehen.

„Die Stadt hat sich nicht verändert, sie wurde nur bebaut"

Koeppel wird oft als der "Chronist Berlins" betitelt, er selbst nimmt den Titel ungern an. Ein Chronist müsse auch den profansten Moment festhalten, er hingegen wähle aus. Doch ob Chronist oder nicht – Koeppel verbindet eine lange Geschichte mit Berlin. Seit über sechs Jahrzehnten zeichnet der gebürtige Hamburger mit seiner Malerei historische Momente des Berliner 20. Jahrhunderts wie kein anderer auf. „Die Stadt hat sich nicht verändert, sie wurde nur bebaut", ist er überzeugt.

Beim Rundgang durch die Zitadelle ziehen treu ergebene Fans hinter Koeppel her und schwelgen mit ihm in Erinnerungen an Momente und Gebäude, an die sich immer weniger Leute erinnern. Und lassen sich von ihm erklären, wie der Berliner an sich so ist: "Sachlich, kurzangebunden und manchmal witzig", beschreibt Koeppel die Hauptstädter.

Das höchste Kompliment aus dem Mund eines Berliners sei: "Da kann man nicht meckern!" Alle Westberliner seiner Generation seien durch die "tiefe innere Spannung der Teilung" geprägt. Doch die Berliner von heute seien nicht mehr die "Urtypen" von damals, würden längst nicht mehr das Stadtbild bestimmen. Besonders die Kunstszene sei durch die vielen Zugewanderten zusehends internationalisiert worden.

"Der Maler ist im Bild"

Der Titel der Ausstellung "Der Maler ist im Bild" kann als zweifache Anspielung verstanden werden: Koeppel malt zurzeit in den Ausstellungsräumen und verewigt sich gern selbst in seinen Bildern – selten als Held, meist als Nebenakteur. Warum? " Figuren sind nötig, um Handlung ins Bild zu bringen. Und mich selbst zu malen ist leicht, da ich mich am besten kenne." Wenn er jemanden zehn Mal gemalt habe, könne er ihn beliebig oft erneut malen. "Dann habe ich den Menschen einfach verstanden."

Ein weiteres Markenzeichen des Künstlers, das er in beinah jedem seiner Werke versteckt, ist die Cola-Dose – manchmal prominent im Vordergrund, manchmal schwer zu finden wie in einem Wimmel-Bilderbuch. Das Motiv stammt allerdings nicht aus einer persönlichen Schwäche für das Brausegetränk, er fing einfach irgendwann damit an. "Und als ich es einmal vergessen hatte, beschwerten sich meine Kinder und Freunde", erinnert sich Koeppel. Seither ist die Dose meistens mit dabei.

"Die Öffnung der Berliner Mauer" im Casino im Abgeordnetenhaus.
"Die Öffnung der Berliner Mauer" im Casino im Abgeordnetenhaus.

© Alice Epp

Geschummelt bei der Öffnung der Berliner Mauer

Seine Erinnerung ist genauso akribisch, wie es sein Malstil vermuten lässt: Er kann sich auch Jahre später an jedes Detail eines Moments erinnern, den er auf die Leinwand gebannt hat. Vor einem seiner berühmtesten Bilder "Die Öffnung der Berliner Mauer" – das originale Triptychon hängt im Preußischen Landtag und wurde von Koeppel für die Ausstellung nachgemalt – kann er auch nach 20 Jahren noch jeden der abgebildeten Politiker beim Namen nennen und das Wetter beschreiben. "Ich habe auf diesem Bild aber geschummelt", gesteht Koeppel. "Meine Tochter, die hier mit meiner Frau im Kinderwagen abgebildet ist, war beim Mauerfall noch gar nicht geboren." Er ist eben kein Chronist.

Hanna Widmann

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