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Diskussion im Verlagshaus des Tagesspiegels mit den Berliner Spitzenkandidaten zur Bundestagswahl. Mit dabei (von links nach rechts): Monika Grütters (CDU), Eva Högl (SPD), Cornelia Otto (Piraten), Renate Künast (Die Grünen), Martin Lindner (FDP) und Gregor Gysi (Linke).

© Thilo Rückeis

Zum Nachlesen: Live-Blog zur Spitzen-Debatte: Sechs Kandidaten zu Gast beim Tagesspiegel

Die Berliner Spitzenkandidaten der sechs großen Parteien zur Bundestagswahl waren am Montagabend zu Gast beim Tagesspiegel. Lesen Sie im Live-Blog nach, was diskutiert wurde, vom "Veggie Day" über die East Side Gallery bis zur Mietenpolitik - und bei welchen Themen es besonders turbulent zuging.

Am 22. September haben die Bürger die Wahl – und der Tagesspiegel bittet die Berliner Spitzenkandidaten für die Wahl zum Bundestag zur Debatte. An diesem Montag, dem 9. September, diskutieren im Tagesspiegel-Verlagshaus am Anhalter Bahnhof Monika Grütters (CDU), Eva Högl (SPD), Renate Künast (Die Grünen), Gregor Gysi (Linke), Martin Lindner (FDP) und Cornelia Otto (Piraten). Die Diskussion wird von den Chefredakteuren Stephan-Andreas Casdorff und Lorenz Maroldt moderiert.

Die Geschehnisse im Live-Blog zum Nachlesen:

21:19: Das war's. Draußen gibt's frische Schnittchen, auf geht's zum geselligen Gespräch im Flur.

21:14: Eigentlich ist die Runde schon fast zu Ende, es wird aber noch mal turbulent. Sind die Grünen eine Verbotspartei? Martin Lindner und Renate Künast liefern sich ein Scharmützel. Es werden aber auch noch ernsthaft Fragen der Zuhörer beantwortet. Die Frage, warum sich die Grünen einer Koalition mit der CDU verweigern, lässt Künast für einen kurzen Moment stutzen. Ausgeschlossen habe man ja nichts, antwortet sie. Aber mit der SPD habe ihre Partei nun einmal mehr Gemeinsamkeiten. Piratin Otto will sich nicht festlegen. Die Koalitionsfrage werde noch "intern diskutiert".

21:07 Nun ist Monika Grütters dran:

- Sie fordert, die Kultur in Berlin weiter stark zu fördern.

- Sie will das Kooperationsverbot in der Bildung aufheben, was bedeuten würde, dass der Bund direkt mit den Ländern in der Bildungspolitik kooperieren und etwa auch Maßnahmen finanzieren kann.

- Als drittes nennt sie, den Regierungsumzug von Bonn nach Berlin endlich zu vollenden.

21:04: Eva Högl nennt:

- den flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn, dazu die Angleichung von Ost- und West-Löhnen und -Renten

- Das Programm "Soziale Stadt" sei in den letzten Jahren leider kaputtgespart worden, ihre Partei wolle es wieder vernünftig finanzieren

- Högl fordert zudem eine doppelte Staatsbürgerschaft, das sei gerade für junge Berliner ein wichtiges Thema.

21:02: Jetzt ist Cornelia Otto dran.

- Leiharbeiter sollten Flexibilitätszuschläge bekommen, die Hartz IV-Sanktionen gehörten abgeschafft, ein Mindestlohn eingeführt. Otto fordert ein "existenzsicherndes" bedingungsloses Grundeinkommen - nennt aber auch auf Nachfrage keine konkrete Zahl zur Höhe desselben.

- Sie wolle sich gegen die Privatisierung von Infrastruktur einsetzen, die S-Bahn sei in dieser Frage ein abschreckendes Beispiel.

- Sie wolle ein freies W-LAN für Berlin und am liebsten bundesweit umsetzen, unter dem Motto: "Freies Netz für freie Bürger."

20:59: Jetzt antwortet Renate Künast

- Die Bahn müsse mehr Geld zur Verfügung haben, zum grünen Schwerpunkt Mobilitätspolitik gehöre auch, dass Lärm krank mache und es deshalb ein Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr brauche.

- Auch Künast sagt, Berlin müsse für seine Hauptstadtfunktionen mehr Geld von den anderen Ländern bekommen, etwa auch für Polizeieinsätze

- Das zusätzliche Geld dürfe aber nicht im Berliner Haushalt versickern.

20:57: Martin Lindner antwortet als zweiter:

- Kein Nachtflugverbot, sondern es müsse alles getan werden, damit Berlin eine wirtschaftlich prosperierende Stadt werde

- Er wolle eintreten für die Kulturförderung, angesichts der Leuchtturmfunktion Berlins sei keine Oper zu viel.

- Wissenschaft und Gesundheitswirtschaft seien für Berlin ebenfalls zentral. Dies zu fördern, wolle er in der nächsten schwarz-gelben Koalition ebenfalls vorantreiben.

20:55: Jetzt geht's in die Schlussrunde. Drei konkrete Punkte soll jeder Kandidat nennen, die er im nächsten Bundestag für Berlin umsetzen will. Gregor Gysi antwortet als erster:

- Mehr Geld für Berlin, damit es seine Aufgaben als Bundeshauptstadt erfüllen kann

- Nachtflugverbot für den BER von 22 bis 6 Uhr, Lärmschutz in vollem Umfang und Umwege für die Flugzeuge, um Seen und Naturschutzgebiete zu schonen

- Er will im Bundestag berlinern und Witze erzählen, um um Sympathien zu werben

20:53: Gregor Gysi sagt, er habe gar nichts dagegen, auch Investoren zu fördern. Wenn die aber Sozialwohnungen errichteten, müssten diese ihren Status unbegrenzt behalten. Das hieße im Zweifel auch, dass eine Familie wieder ausziehen müssen, wenn sie kein Sozialfall mehr sei. Im übrigen sei es nicht gerechtfertigt, dass bei einem Mieterwechsel die Miete erhöht werden dürfe, ohne dass die Qualität und Ausstattung der Wohnung verbessert werde.

20:49: Renate Künast zitiert Klaus Wowereit, der sinngemäß einmal gesagt habe, es sei gut, wenn die Mieten steigen, weil das zeige, dass es Berlin gut gehe. Jahrelang sei keine Wohnungsbaupolitik betrieben worden, jetzt sei dafür zwar Geld vorgesehen, aber noch nicht im Landeshaushalt fest eingeplant. "Solange das nicht im Haushalt steht, glaube ich nichts."

20:41: Jetzt geht's ums Thema Wohnen und Mieten. Eva Högl nennt als ihr Ziel, auch in der Nähe des Brandenburger Tors müsse es bezahlbare Wohnungen geben. Martin Lindner von der FDP plädiert dafür, private Investitionen in den Wohnungsneubau zu erleichtern. Bei den anderen Kandidaten erntet er damit aber eher Spott. "Mir kommen gleich die Tränen", sagt Künast spöttisch mit Blick auf die Investoren und die Frage, ob es ihnen leicht genug gemacht wird. Immerhin pflichtet Eva Högl ihm bei, "selbstverständlich" seien die Berliner Mieten im internationalen Vergleich noch immer bezahlbar. Sie wolle aber sichergehen, dass das so bleibt. Cornelia Otto weist darauf hin, die Mieten seien in den vergangenen Jahren in manchen Gebieten um 40 Prozent gestiegen - die Einkommen aber nicht.

20:35: Auch Renate Künast äußert sich zum Thema "East Side Gallery". Es sei richtig gewesen, ein Filetgrundstück im Zentrum der Stadt für das Holocaust-Mahnmal zu verwenden. Aber auch andere Ereignisse der Geschichte hätten eine Würdigung verdient. Es gehe nicht darum, dass Investoren nicht bauen sollten, sondern es solle bloß die Mauer nicht verrückt werden.

Alle sechse: Die Kandidaten und Chefredakteur Stephan-Andreas Casdorff.
Alle sechse: Die Kandidaten und Chefredakteur Stephan-Andreas Casdorff.

© Thilo Rückeis

20:32: Bei den Freunden der East Side Gallery macht sich Martin Lindner nicht beliebt. "Hui, wir haben unseren Kiez, hui, nichts soll sich ändern", äfft er einen fiktiven Gegner der East Side Gallery-Umsetzung nach. Das Signal gegenüber Investoren sei fatal.

20:30: Auch Martin Lindner betont den finanzpolitischen Realismus. Ein "Reset-Knopf", um Berlin von allen Schulden zu befreien, sei schlicht keine Option.

20:27: Viele Kosten hat Berlin zu tragen, weil es Bundeshauptstadt ist, sagt Gregor Gysi - und fordert, dass die Bundesrepublik insgesamt dafür mehr Verantwortung nimmt. Auch er glaubt nicht, dass Berlin zum Nettozahler werden kann, und SPD-Politikerin Eva Högl teilt diese Einschätzung ebenfalls. "Es bringt aber auch nichts, wenn jetzt jeder sagt, welche Großprojekte er streichen will", glaubt sie.

20:15: Was muss passieren, damit Berlin zum Nettozahler im Länderfinanzausgleich wird? Monika Grütters gibt sich pessimistisch. Sie glaube nicht daran, dass das realistisch sei. Dann entspannt sich eine aufgeregte Debatte um Berlins Finanzen, zum Beispiel um die Frage, ob es eine Zentrale Landesbibliothek auf dem Tempelhofer Feld braucht. Viel zu teuer, sagt Renate Künast. Die Sanierung bestehender Bibliotheken werde auch nicht billiger, erwidert Monika Grütters.

20:12: Ist Rot-rot-grün eine Option? Martin Lindner hält voll drauf. "Face it", sagt er zu Eva Högl, die ewigen Beteuerungen glaube der SPD doch ohnehin niemand. Renate Künast keilt zurück: Dann müsse man auch drüber reden, dass Angela Merkel eine Koalition mit der "rechtslastigen" Alternative für Deutschland nicht klar ausgeschlossen habe.

20:08: "Zweistellig" nennt Gregor Gysi als Wahlziel seiner Partei - und tritt dem Argument entgegen, seine Partei wolle aus der NATO austreten. Davon sei überhaupt keine Rede, vielmehr wolle seine Partei die NATO auflösen. "Den Austritt fordern wir nicht, dann fehlt nur Deutschland und alle anderen machen weiter wie bisher." Und dann gibt sich Gysi ganz realpolitisch: Dass eine Auflösung im Moment nicht realistisch sei, wisse er schließlich auch - mit anderen Worten: An der NATO-Frage soll die Regierungstauglichkeit der Linken nicht scheitern.

20:05: Auf dem Podium ergibt sich eine ungewohnte Allianz: Gregor Gysi und Martin Lindner, Linkspartei und FDP, sind sich einig - beim Thema Cannabislegalisierung. Jetzt aber "nüchtern weiter" zum nächsten Thema, fordert Lorenz Maroldt.

Und auch von rechts wird gefragt. Vorn im Bild: Chefredakteur Lorenz Maroldt.
Und auch von rechts wird gefragt. Vorn im Bild: Chefredakteur Lorenz Maroldt.

© Thilo Rückeis

20:00: Martin Lindner fiel kürzlich auf, weil er in einer Fernsehsendung an einem angebotenen Joint zog. Ist es eine Frage der Freiheit, Cannabis zu legalisieren? Lindner antwortet, etwa Gleiches müsse rechtlich gleich gestellt werden. Jährlich gebe es zehntausende Alkoholtote, aber keinen einzigen Cannabistoten. Auch sei es irreführend, maßvollen Alkoholgenuss mit übermäßigem Cannabisgebrauch zu vergleichen. Der Staat gebe enorme Summen für die Strafverfolgung aus, obwohl 98 Prozent aller Verfahren eingestellt würden. Dieses Geld sähe er besser eingesetzt, würde es zur Bekämpfung harter Drogen eingesetzt.

19:57: "Verboten ist, was anderen schadet", mit diesem Motto greift Martin Lindner die Veggie-Day-Debatte auf. Erwachsenen müsse niemand vorschreiben, wie sie ihr Leben zu leben hätten.

19:55: "Unser Steuerkonzept entlastet 90 Prozent der Bürger und belastet die oberen 10 Prozent. Dazu stehe ich", sagt Renate Künast. Chefredakteur Stephan-Andreas Casdorff hält das für eine gute Überleitung zum nächsten Gesprächspartner, dem FDP-Politiker Martin Lindner. "Wenn Sie das so sehen", gibt Künast zurück. "Dann kommt auf jeden Fall Leben in die Bude."

Die Tagesspiegel-Chefredakteure Lorenz Maroldt und Stephan-Andreas Casdorff moderieren die Veranstaltung.
Die Tagesspiegel-Chefredakteure Lorenz Maroldt und Stephan-Andreas Casdorff moderieren die Veranstaltung.

© Kai-Uwe Heinrich

19:47: Warum stehen die Grünen im Moment nur bei 10 Prozent, Renate Künast? Das sind nur Umfragen, gibt Künast routiniert zu Protokoll - und landet dann einen wohl unbeabsichtigten Lacher. In den letzten Wochen gehe es "um die Wurst", sagt sie - nachdem gerade noch das Stichwort Veggie Day in den Raum geworfen worden war. Diese Vorlage nutzen die Chefredakteure natürlich. Kommt er denn nun mit den Grünen, der Veggie Day? Was bedeutet, dass er eingeführt werden "soll"? Künast antwortet, dass schon 30 Städte einen solchen Tag haben, an dem es ausschließlich oder mehr vegetarische Gerichte in öffentlichen Kantinen gibt. Verhungert sei dabei noch keiner. Im übrigen sei es für die Menschheit schlicht notwendig, sich weniger fleischlastig zu ernähren.

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19:43: Sind die Piraten eigentlich links? Cornelia Otto schlägt den ganz großen Bogen, um diese Frage zu beantworten. Für sie sei politisch der Artikel 1 des Grundgesetzes oberster Maßstab, sagt sie. Und warum nützt die Überwachungs-Affäre den Piraten nicht? "Wir sind die Partei, die nicht nur das know-how, sondern auch das Herzblut sagt", sagt Otto - und dass die Piraten genau deshalb in den Bundestag müssten. Warum das den Wählern bisher nicht so recht auffällt, beantwortet sie aber nicht.

19:39: Zu Beginn werden jedem der Diskutanten drei Fragen gestellt. Eva Högl kann zwar nicht genau sagen, wie viele Hausbesuche die SPD denn nun gemacht hat, weiß dafür aber, dass Peer Steinbrück ein angenehmer Nachbar ist - sie wohnt nämlich über ihm. Und Monika Grütters weicht der Frage, ob sie nach der Wahl Kulturstaatsministerin wird, geschickt aus - ein Dementi allerdings klingt anders.

19:33: "Die große Koalition sitzt schon zusammen", sagt Chefredakteur Lorenz Maroldt. Eva Högl (SPD) und Monika Grütters (CDU) nämlich haben als erste und nebeneinander auf dem Podium Platz genommen. Und die anderen vier Kandidaten sind natürlich auch da. Ein herzliches Willkommen auch an Cornelia Otto (Piraten), Martin Lindner (FDP), Renate Künast (Grüne) und Gregor Gysi (Linke).

19:28: Der Saal ist voll, die Häppchen schon fast alle. Es kann also losgehen. Chefredakteure und Spitzenkandidaten bewegen sich allmählich in Richtung Podium.

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